Falkengrund Nr. 32: Fremde Orte
Falkengrund Nr. 32: Fremde Orte


Sie öffneten Türen und blickten in Räume. Es war keine Schwierigkeit, die einstigen Funktionen der einzelnen Zimmer zu unterscheiden, denn hier hatte in den letzten acht Jahren niemand aufgeräumt. Die Klinik war überhastet geschlossen worden - diese Tatsache stand in jedem Raum geschrieben. Die ehemaligen Patientenzimmer hatten noch ihre Betten. Melanie starrte mit unguten Gefühlen auf Fixiergurte und Zwangsjacken, die sich in den offenen Schränken stapelten oder auf den Matratzen lagen. Brauner Schimmel hatte sich überall breitgemacht, hatte die Laken befallen und mit Flecken versehen, die wie ausgebleichtes Blut wirkten. Kopfkissen lagen auf dem Boden, daneben Aufschriebe, Krankenkarten, Kunststoffhandschuhe. Die winzigen Fenster waren mit engen Gittern versehen, die kahlen Wände abstoßend und schmucklos. In einem der Räume stolperte sie über eine Bettpfanne, in der eine schlammige Flüssigkeit schwappte, woanders war ein Stück aus der Wand herausgebrochen, durch das man ins Nebenzimmer sehen konnte. Die furchtbare Vision, das könne alles vorher schon so gewesen sein, die Patienten könnten unter diesen unmenschlichen Bedingungen gelebt haben, schlich hartnäckig hinter ihr her, doch sie wagte nicht, eine entsprechende Frage zu stellen.