Geisterfänger Nr. 20: Der trojanische Götze

Geisterfänger Nr. 20: Der trojanische Götze


"Sam ist ein Glückspilz", sagte Ray Elliot. "Ich beneide ihn." "Weswegen?" fragte Joan Vance. Sie lehnte an ihm. Dumpf brummten die Zwillingsmotoren des Bootes, das sie auf Key West gemietet hatten. Elliott wies nach vorn. "Sieh dir. diese Trauminsel an. Ist sie nicht prachtvoll?" Der bewaldete Buckel ragte aus den dunklen Fluten des Meeres: Umbrandet von den Wellen, die durch die Straße von Florida rollten, umgeben von Felsenriffen, umrankt von Sagen und Legenden. Hier hatte sich der erfolgreiche Filmschauspieler Sam Willard niedergelassen. Er hatte die Insel gekauft und sich ein Haus darauf gebaut, das einem Palast glich. In Ruhe und Zurückgezogenheit lebte Willard zwischen den hektischen Terminen auf seiner Insel. Er teilte es sich so ein, daß er etwa ein halbes Jahr intensiv arbeitete und die zweite Hälfte des Jahres auf seiner Insel dem süßen Nichtstun frönte. In dieser Zeit konnten ihn nur Spitzenangebote fortlocken. Joan schauderte. Sie war rothaarig und hatte meergrüne Augen, eine makellose Figur und formvollendete Brüste. Auch sie war Schauspielerin. Genau' wie Ray Elliott, in den sie sich, während der letzten Dreharbeiten zu einem Agentenreißer, verliebt hatte. Ray sah hinreißend aus. Die Frauen von sieben bis siebzig liebten ihn. Wo er auftauchte, bekamen die Mädchen Weinkrämpfe und fielen scharenweise in Ohnmacht. Er hatte weiße regelmäßige Zähne, einen gesunden Teint, war durchtrainiert und muskulös, und sein rötliches Haar war seit Jahren sein Markenzeichen. "Mir wäre, wenn ich auf dieser Insel ständig leben müßte, unheimlich zumute", sagte Joan.


von A.F. Morland, erschienen am 28.11.2006

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Der alternde, aber nicht minder erfolgreiche, Schauspieler Sam Willard lädt mehrere Leute aus der Filmbranche auf seine Insel ein, um seinen Geburtstag zu feiern. Bald verschwindet die erste Frau spurlos aus dem Anwesen Willards. Hat die schwarze Statue etwas mit den Ereignissen zu tun, die Willard geschenkt bekommen hat und die angeblich vor bösen Geistern schützen soll? Kurz darauf kehrt die Verschwundene zurück - als Vampir. Doch die auf der Insel gefangenen Menschen müssen sich nicht nur gegen die Blutsaugerin zur Wehr setzen. Ein Ghoul, ein Werwolf und ein Zombie treiben ihr Unwesen, angetrieben von dem trojanischen Götzen ...


Meinung:
25 Jahre alt ist dieser Roman bereits, den A.F.Morland, alias Friedrich Tenkrat, unter dem Pseudonym Brian Ford in der legendären Reihe "Vampir-Horror-Roman" zum ersten Mal veröffentlichte. Daher verwundert es den Leser nicht, wenn die geladenen Partygäste auf jener Paradiesinsel nicht gleich zum Handy greifen, um Hilfe anzufordern. Die Protagonisten des bekannten Autors bleiben sehr oberflächlich, entpuppen sich als Stereotypen mit klischeebehängtem Äußeren und vorhersehbaren Reaktionen. Dass die reagierenden Personen allesamt aus der Filmbranche stammen, ist ebenso wenig originell wie die Aufbietung der typischen Unholde der Heftromanliteratur. Vampir, Werwolf, Ghoul und Zombie stellen seit jeher das immer wider bemühte Quartett der schnellen gruseligen Unterhaltung dar. Doch eine atmosphärische Gruselatmosphäre mag einfach nicht aufkommen, denn der Autor schafft es nicht eine Szene aus sich heraus wirken zu lassen. Die Angriffe der Monster enden sogleich in wüste Kloppereien und die Protagonisten haben das unwahrscheinliche Glück, dass ihr Gastgeber über eine umfangreiche Sammlung magischer Waffen verfügt. Angefangen beim silbernen Pentagramm, über eine mit Silberschrot geladene Flinte bis hin zum magischen Flammenwerfer ist alles vorhanden um dem dämonischen Kroppzeug, das Leben zur Hölle zu machen. Die geradlinige Handlung endet allerdings eher unbefriedigend, denn es wird weder erklärt, warum die verschwundene Frau zum Vampir wurde und wo die Vampirin abgeblieben ist, die dafür verantwortlich war, noch wer den trojanischen Götzen letztendlich geschickt hat. Dass sich der Roman wohltuend von so manch anderer Ausgabe dieser Reihe abhebt, gründet sich vor allem in der flüssigen Schreibe des Autors, der es erst gar nicht versucht hat irgendwelche Kapriolen in der Handlung zu schlagen, für die der Umfang der Heftchen einfach nicht ausreicht. Vermutlich wurde dieser seichte Gruseler innerhalb eines Tages heruntergetippt. Fazit: Fließbandprodukt ohne jeglichen geistigen Anspruch.


Besonderheiten:
Dieser Roman erschien erstmals als Vampir-Horror-Roman Nr. 448.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das kreischend, grelle Cover, passt hervorragend zur Aufmachung der Reihe, dafür aber weniger zur Handlung. Darüber hinaus wirkt das gesamte Titelbild eher wie ein Zirkusplakat und nicht wie ein Romancover.


Coverbewertung:
1 Kreuz

Rezension von Koopa:


Kurzbeschreibung:
Der Filmschauspieler Sam Willard lädt seine Freunde Ray Elliot, Joan Vance, Adam Pace, Dan Dozzie, Robert Tanna und Lynne McGowan anlässlich seines Geburtstags auf seine eigene private Insel ein. Doch der Götze, der eigentlich das Böse von der Insel fernhalten soll, entwickelt sich zum Unheilboten - und bald sind die Leben all der Leute, die sich auf der Insel befinden, in Gefahr...


Meinung:
Da durchsucht man nichts ahnend den Romanheftständer beim Zeitschriftenhändler und stößt unversehens auf ein solches Schätzchen - Band 20 der Geisterfänger-Reihe, "Der trojanische Götze", und zwar von A. F. Morland, einem meiner Lieblings-Autoren (ein Nachdruck aus der Vampir-Horror-Roman-Reihe des Pabel-Verlags). Bisher habe ich sporadisch die ersten paar Ausgaben der Gruselromanreihe gekauft, sie jedoch noch nicht gelesen - das lag daran, dass mich weder die Autoren noch die Themen der bisherigen Romane angesprochen haben - und auch die Rezensionen zu den Geisterfänger-Romanen, die ich von Zeit zu Zeit verfolgt hatte, haben mich nicht gerade dazu verleitet, einen Geisterfänger-Roman zu lesen. Kurz und gut, ich konnte nicht widerstehen und habe mir den Roman sogleich gekauft. Gleich zu Beginn des Romans greift Morland in die Klischeekiste und übertreibt dabei unheimlich, meines Erachtens aber auf amüsante Art und Weise. Etwa mit Ray Elliot und Joan Vance, zwei erfolgreichen Filmschauspielern, die sich gesucht und gefunden haben (natürlich beim Dreh eines Films) und mit ihrer äußerlichen Beschreibung glatt einer Model-Zeitschrift entsprungen sein könnten: Er muskulös, mutig, gut aussehend, sie rothaarig, meergrüne Augen, üppige Brüste eine formvollendete Figur. Oder Sam Willard, der sich vor Erfolg gar nicht retten kann bzw. sich die zweite Hälfte des Jahres auf seine eigene Insel flüchtet, um dort dem süßen Nichtstun zu frönen und den zu der Zeit nur ganz besondere Angebote von seiner einsamen Insel locken können. Nichtsdestotrotz war dieser Roman schön zu lesen. Ich habe zwar, wie gesagt, keinen anderen Gruselroman der Geisterfänger-Reihe gelesen und auch sonst lese ich eher Kriminalromane, und obwohl mir Morlands in der Geister-Schocker-Sonderband-Reihe veröffentlichte Gruselromane etwas besser gefielen, hatte der Roman seine eigene Grusel-Stimmung. Auf nette, übertriebene Art und Weise wird die in der High Society übliche Falschheit auf die Schippe genommen. Natürlich vereint der Roman diverse Gruselromanheft-Klischees, trotzdem hat auch dieser Roman Morlands typischen und zu schnellem Lesen verleitenden, glatten Stil. Hat mir gut gefallen. Angenehm zu lesender Roman, sollte Morland weiter bei "Geisterfänger" vertreten sein, werde ich mal wieder reinlesen wobei die Chance wohl eher schlecht steht, da "Geisterfänger" schon im Januar des nächsten Jahres mit Band 24 eingestellt wird. Da jedoch bedauerlicherweise nicht geklärt wurde, von wem nun der trojanische Götze stammte, 3 Kreuze.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Sieht ganz hübsch aus; kommt so zwar nicht im Roman vor, gefällt mir aber trotzdem gut.


Coverbewertung:
3 Kreuze

Ein Zusatzhinweis  zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild des Geisterfänger Romans Nr. 20 wurde seitenverkehrt auch schon fast genauso auf dem Mac Kinsey Roman Nr. 6 verwendet. Der einzige wesentliche Unterschiede besteht darin, dass die Hexe einmal nur einen Stab und auf der anderen Covervariante eine Sense in der Hand hält:

MacKinsey Nr. 06: Wächterin der toten Seelen


Ein weiterer Zusatzhinweis zu dem Roman kommt von Thomas Backus:
Der Geisterfänger-Roman ist ein Nachdruck des Vampir-Horror-Romans Nr. 448:

Vampir-Horror-Roman Nr. 448: Der trojanische Götze