Gespenster-Krimi Nr. 589: Der Baumdämon

Gespenster-Krimi Nr. 589: Der Baumdämon


"Still!" Howard legte warnend den Zeigefinger über die Lippen, preßte sich dichter gegen die Wand und wartete mit angehaltenem Atem, bis die Stimme und Schritte näher gekommen und wieder verklungen waren. Erst dann wagte er es, sich vorsichtig aus dem Schatten zu erheben und geduckt zu uns zurückzuhuschen. Mit einer fahrigen, nervös wirkenden Bewegung, die seine Erschöpfung mehr als alles andere verriet, ließ er sich zwischen Rowlf und mir in die Hocke sinken, fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht und deutete mit dem Daumen zurück. "Ich glaube wir können es riskieren" murmelte er. "Es sind nur noch ein paar Blocks. Es wird dunkel."


von Robert Craven, erschienen am 02.01.1985, Titelbild: Terry Oakes

Rezension von Stefan (Lobo) Albertsen:


Kurzbeschreibung:
Robert Craven, H. P. Lovecraft und Rowlf befinden sich immer noch in Durness. Allerdings tun sie dies unfreiwillig und in ständiger Furcht von Bewohnern des kleinen Hafenstädtchens entdeckt zu werden. Nach wie vor ist man nämlich der Meinung, dass die drei Freunde die Schuld daran tragen, dass ein gewaltiges Feuer den Hafen von Durness einzuäschern droht (GK 587). Mit dem verletzten Rowlf an der Seite, scheint es unmöglich zu sein, die Stadt auf herkömmlichem Wege zu verlassen. Robert wendet sich in seiner Verzweiflung an Mary Winden, deren Tochter er vom Einfluss eines verderblichen Geistes hat befreien können. Widerwillig erklärt die Witwe sich bereit den Freunden zu helfen, organisiert einen Wagen und Pferde und schafft die drei aus der Stadt. Inzwischen breitet sich ein unbeschreibliches Wesen in einem nahe gelegenen Wald bis ins mikroskopische aus, verästelt sich, bis es mit dem bloßen Auge nicht mehr zu entdecken ist und vermengt sich mit den Bäumen und Pflanzen der Umgebung zu einer neuen, schrecklichen Lebensform. Robert und seine Freunde geraten mitten in diese Lebensform, als ihr Wagen von einem merkwürdigen, schwarzbraunen Wurzelgestrüpp am Weiterfahren gehindert wird. Zwei Männer aus Durness treffen vor Ort ein und nachdem sie die drei, als jene, die für das Feuer verantwortlich gemacht werden, erkannt haben, kommt es zu einem kurzen, harten Handgemenge, bei dem einer der beiden Lon McMudock von Howard gefangen genommen wird. Der andere - ein gewisser Frank Brennan - entkommt und reitet nach Durness zurück. McMudock erkennt die Aussichtslosigkeit seiner Lage und erklärt sich bereit den Freunden, trotz anfänglichem Misstrauen, zu helfen. Er weiß, dass sie alle im Wald vor Kälte und Nässe den Tod finden würden und führt sie zu einer kleinen Jagdhütte, die sich als baufälliges Gebäude auf einer kahlen Lichtung im Wald, entpuppt. Der Wald mutet merkwürdig an und Robert und Howard entdecken eigenartige Spuren, die darauf schließen lassen, dass hier etwas existiert, das das Leben aus allen Pflanzen zu saugen scheint. Trotzdem quartieren sie sich in der alten Ruine ein. Doch noch ehe sie sich ausruhen können, begreift Robert, dass es sich bei der Hütte um das Haus handeln muss, von dem Gordon ihnen berichtete, und in dem er gemeinsam mit Tremayn den merkwürdigen Toten mit dem NECRONOMICON entdeckte. Tatsächlich finden auch Robert und Howard den Toten, den Letzterer als den verschollenen Bensen (GK 583), den er einst anheuerte, um die Seekiste Roderick Andaras aus dem Wrack der LADY OF THE MIST zu bergen. Bensens Körper hat sich schrecklich verändert und ist nach seinem Tod, eine Verbindung mit einem Shoggoten eingegangen, der ebenfalls verendete. Nun überstürzen sich die Ereignisse. Brennan kehrt mit einiger Verstärkung zurück und droht Robert und seine Freunde rücksichtslos abzuknallen und gleichzeitig erwacht der tot erscheinende Wald zu neuem, mörderischen Leben. Gewaltige Wurzelstränge brechen über die Hütte und seine verängstigte und restlos erschöpfte Bewohnerschaft herein und lassen die schießwütigen Männer aus Durness als oberstes Problem weit in den Hintergrund treten. Kann es Robert und Howard gelingen der weiter und weiter vordringenden Masse aus Wurzeln Einhalt zu gebieten? Oder endet ihr Weg hier?


Meinung:
Wahrscheinlich können es die Leser meiner Hexer-Rezis nicht mehr hören, bzw. lesen, aber auch mit diesem Roman schafft Hohlbein wieder ein kleines Meisterwerk. Beeindruckend lässt der Meister der Phantastik die Geschehnisse der letzten zwei Romane in diesen mit einmünden und bringt den Zyklus um die Bergung der Seekiste, des ersten Auftauchens des NECRONOMICONS und der Rückkehr von 13 Großen Alten auf die Erde, zu einem spannenden, fulminanten Ende. Die Misere der drei Freunde zu Beginn des Romans ist absolut glaubwürdig und erzeugt vom ersten Moment an Spannung. Bedrohlich und unheimlich wird es, wenn es darum geht den Wald und seine Verschmelzung mit dem Diener Yog-Sothoths zu beschreiben oder wenn, nach Vollendung dieser Umwandlung, ein gigantischer Baumdämon und eine wahre Flut von sich ringelnden Wurzeln den verzweifelt um ihr Leben Kämpfenden nähert. Die Lösung, die gewählt wird, um dem dämonisch-pflanzlichen Treiben ein Ende zu setzen ist nicht unbedingt neu, aber ebenfalls sehr gelungen und Roberts Traurigkeit am Ende des Romans, als er sich von Lon McMudock verabschiedet und erkennen muss, dass er trotz Sympathie niemals einen solchen Freund finden wird, runden das Ganze hübsch dramaturgisch ab. Ja, dieses Mal gebe ich wieder die volle Wertung, denn besonders gut fand ich den Umstand, dass Roderick Andara endlich fernblieb, womit Robert & Co nicht auf übersinnliche Hilfe zurückgreifen konnten.


Besonderheiten:
Spitzenroman!!!!


5 von 5 möglichen Kreuzen:
5 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Cover ist zwar vom Stil her nicht schlecht gemalt und die Fratze vor dem "hölzernen" Hintergrund wirkt schon etwas gruselig. Aber irgendwie paßt es m. E. nicht so recht zu einem Hexer-Roman. Es ist dafür einfach nicht..."Lovecraft'sch" genug. Also deswegen vergebe ich


Coverbewertung:
3 Kreuze
Rezension von Olsen:


Kurzbeschreibung:
Nachdem Robert Craven, H.P. Lovecraft und Rowlf dem wütenden Mob in letzter Sekunde entkommen konnten (s. GK 587 „Bücher, die der Satan schrieb“), stehen Teile von Durness in Flammen. Die Einwohner, die Robert und seine Freunde dafür verantwortlich machen, halten unsere drei Helden für tot – was zumindest im Falle Rowlfs nicht ganz so weit von der Wahrheit entfernt ist, denn der leidet unter schweren Verbrennungen. Unter diesen Umständen ist es schwer, aus Durness zu fliehen. In seiner Not wendet sich Robert an Mary Winden, deren Tochter er im letzten Band von ihrer Besessenheit heilen konnte. Widerwillig hilft sie Robert samt Begleitung aus der Stadt.
Während ihrer Flucht durch den Wald bleibt ein Rad ihres Wagens in dichtem Wurzelgeflecht hängen. Fast macht es den Eindruck, als hätten die Wurzeln nach dem Rad gegriffen. Alle Versuche, den Wagen zu befreien, sind erfolglos. Zwei Reiter aus Durness namens McMudock (den ich bis kurz vor Ende des Heftes immer als „McMurdock“ gelesen habe) und Brennan, die gerade des Weges kommen, helfen den Flüchtlingen, ohne zu ahnen, wen sie da vor sich haben. Erst als bei den Bemühungen, den Wagen wieder frei zu bekommen, Robert der Hut vom Kopf rutscht, entdecken McMudock und Brennan Roberts weiße Haarsträhne. Mit dieser Entdeckung kommt die Erkenntnis, dass die vermeintlich für den Brand in Durness Verantwortlichen keineswegs tot sind. Es kommt zu einem Handgemenge, in dessen Verlauf Brennan fliehen kann. Robert und Howard gelingt es jedoch, McMudock zu überwältigen. Der erkennt die Ausweglosigkeit seiner Situation und erklärt sich bereit, mit Robert zu kooperieren. Da er sich in der Gegend auskennt, führt er die Gruppe in eine kleine verfallene Hütte im Wald. Hier hoffen sie, für eine Weile Ruhe und Sicherheit zu finden. Aber Pustekuchen! Bei der Hütte handelt es sich nämlich genau um jene, in der in GK 587 das Necronomicon entdeckt wurde. Bei einer Durchsuchung der Hütte findet Howard einen toten Shoggoten. Und Spuren an den Bäumen um die Hütte weisen darauf hin, dass noch ein Shoggote oder etwas noch Schlimmeres in der Nähe ist.
Plötzlich taucht auch Brennan wieder auf, der sich Verstärkung aus Durness geholt hat. Nach einer kurzen Schießerei dringen Brennan und seine Männer in die Hütte ein. Bevor es jedoch zum Äußersten kommen kann, gelingt es Robert mit Unterstützung von McMudock und Mary Winden, Brennan davon zu überzeugen, dass nicht sie die Bösen in diesem Spiel sind. Sie konfrontieren ihn mit der Leiche des Shoggoten. Brennan ist entsetzt und flieht kopflos in den Wald – wo er zur Überraschung aller von einem Baum verspeist wird. Und jetzt endlich erkennen Robert und Howard die Wahrheit: Der Wald ist besessen von einem Diener der Großen Alten. Das böse Wesen, das sie noch in der Nähe wähnten, hat sich nämlich durch ein Gewirr von Fasern, Wurzeln und Fäden mit dem Wald zu einem einzigen Lebewesen verflochten. Einem Lebewesen, das nun von allen Seiten seine Wurzeln auf die Hütte zuwachsen lässt und schließlich in sie eindringt. Robert und seinen Gefährten bleibt nur der Rückzug in den Dachboden – und in den Raum, in dem der tote Shoggote liegt. Und der ist schließlich auch keine große Hilfe. Oder etwa doch?


Meinung:
Und wieder einmal ist es elefantös, was uns Wolfgang Hohlbein hier präsentiert. Er weiß, dass 64 Seiten verdammt wenig Platz sind, um eine ausgeklügelte Handlung für eine großartige Geschichte entwerfen zu können. Deshalb verteilt er seine Geschichte einfach auf deutlich mehr Seiten (und Romane) und erzählt in diesem Band nur ein Kapitel dieser Geschichte. Und dafür reicht der Platz dann aus.
Hohlbein schafft eine für Romanhefte einzigartige Atmosphäre. Obwohl er dafür die typischen Versatzstücke benutzt wie Nacht, Regen, einsame Hütte im Wald, schief in den Angeln hängende Türen etc., wirkt das Ganze in keinem Augenblick klischeehaft. Die Ausweglosigkeit der Situation in der Hütte schildert er plastisch und eindringlich – ja, er nimmt den Leser beinahe bei der Hand und schleppt ihn selbst in diese Hütte. Und so kann der die Beklemmung nicht nur lesen, sondern beinahe selbst spüren.
Auch die Charaktere sind für den wenigen Raum, der dem Autor zur Verfügung stand, sorgfältig und glaubhaft gezeichnet. So bedauert man mit Robert Craven, dass sich der Mann ohne R im Namen (McMudock) nicht der Gruppe anschließen will. Und auch der impulsive Brennan kommt sehr glaubwürdig rüber.
Lediglich das Ende, also die Auflösung der Bedrohung (denn dass es eine Auflösung gibt, wird wohl niemand ernsthaft bezweifeln), erscheint mir etwas zu zufällig und dadurch nicht unbedingt zwingend. Aber hey! Selbst mein Leben ist voller Zufälle. Und ich bin kein Hexer!


Besonderheiten:

Im Gegensatz zu Lobo sehe ich es nicht als Besonderheit an, dass „Der Baumdämon“ (abgesehen von dem lächerlichen Titel) ein Spitzenroman ist. In der Hexer-Reihe wäre eher das Gegenteil eine Besonderheit.


5 von 5 möglichen Kreuzen:
5 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Gefällt mir. Hat etwas Bedrohliches. Erinnert mich an die Fratze, die mir jeden Morgen aus dem Holz meines Schlafzimmerschranks entgegenstarrt. Nun gut, es ist nicht das Holz, sondern der Spiegel. Und streng genommen ist die morgendliche Schlafzimmerschrank-Fratze sogar noch scheußlicher. Aber sei’s drum. Hätte das Bild mehr als nur das eigentliche Thema mit dem Roman gemein oder wäre es zumindest in Eiche rustikal dargestellt, hätte ich fünf Kreuze gegeben. So gibt es 4 Kreuze.


Coverbewertung:
4 Kreuze
Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
Robert Craven und seine Freunde wollen aus Durness verschwinden und bitten Mary Winden als Gegenleistung für die Heilung ihrer Tochter (s. Gespenster-Krimi Nr. 587 ‚Bücher, die der Satan schrieb'), dass sie einen Pferdewagen besorgt und die Männer aus der Stadt schmuggelt. Auf dem Weg in die nächste Stadt, Bettyhill, müssen die Gefährten einen Wald durchqueren, der irgendwie tot wirkt. Wenig später wird der Wagen von einem starken Wurzelgeflecht festgehalten. Zwei Reiter, die helfen wollen, erkennen in Robert den Mann, den ganz Durness sucht, so dass der Hexer einen, Lon McMudock, gefangen nehmen muss, während der zweite Mann entkommt. McMudock erklärt sich nach anfänglicher Skepsis bereit, den Freunden zu helfen, da an eine Weiterfahrt in dieser Nacht nicht mehr zu denken ist, und führt die kleine Gruppe zu einer verfallenen Jagdhütte, in der sie die Nacht verbringen wollen. Zu Roberts Überraschung entpuppt sich diese Hütte als das Haus, in dem Gordon und Tremayn das Necronomicon gefunden haben (s. Gespenster-Krimi Nr. 587 ‚Bücher, die der Satan schrieb'). Der Tote, den sie damals sahen ist niemand anderes als der Taucher Benson, der Howard wegen der Bücherkiste erpressen wollte (s. Gespenster-Krimi Nr. 583 ‚Im Schatten der Bestie'). Bensons Körper wurde in der Höhle am Meer von einem Shoggoten übernommen, der nun aber ebenfalls abgestorben und zu einer grauen Masse geworden. Dann taucht der zweite Reiter mit Verstärkung aus Durness auf, um die vermeintlichen bösen Zauberer zur Rechenschaft zu ziehen. Dies wird durch den Körper Bensons verhindert, der alle Anwesenden schockt. Doch der nächste Schrecken lässt nicht lange auf sich warten, als ein Baum lebendig wird und einen Mann tötet. Gleichzeitig überflutet eine Masse lebendiger Wurzeln die Hütte, weil ein Shoggote die Erde des Waldes über mehrere hundert Quadratmeter mit dünnen Tentakeln verseucht und die Pflanzenwelt übernommen hat. Völlig aussichtslos erscheint die Lage, als dann auch noch ein menschenähnliches Holzwesen Robert angreift. Doch dann stellt sich heraus, dass die Berührung mit dem toten Protoplasma des abgestorbenen Shoggoten die lebenden Pflanzen und den in der Erde lauernden Diener Yog-Sothoths vernichtet.


Meinung:
Mit diesem Roman werden viele Elemente der letzten Hefte aufgenommen und Handlungsstränge verknüpft und erklärt, die vorher etwas komisch anmuteten. Dazu kommt mal wieder eine toll geschilderte, sehr beklemmende Atmosphäre in Wald und Hütte. Schön ist auch, dass in den Hexer-Romanen immer wieder überraschende Lösungen abseits von Silberkreuz und Holzpflock gefunden werden müssen. ;o)


Besonderheit:
Siebter Hexer-Roman.
Dieser Roman wurde von Wolfgang Hohlbein geschrieben.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Eine dämlich grinsende Fratze im Holz - macht mich nicht besonders an…


Coverbewertung:
2 Kreuze
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Gesicht vom Titelbild des Gespenster-Krimi Romans wurde spiegelverkehrt auch schon auf einem Buch von Graham Masterton verwendet, welches den unaussprechlichen polnischen Namen "Dziedzictwo" hat.

""Dziedzictwo" von Graham Masterton


Zudem war es auch schon auf dem Vampir-Horror-Roman Nr. 422 zu sehen.

Vampir-Horror-Roman Nr. 422: Der schwarze Spiegel


Das Titelbild wurde außerdem auch auf dem englischsprachigen Roman "REVENGE OF THE MANITOU" von Graham Masterton verwendet:

"REVENGE OF THE MANITOU" von Graham Masterton


Auch auf dem Titelbild des französischen Comic-Magazins "Série Bleue" Nr. 52 war die Fratze leicht verändert schon abgebildet:

"Série Bleue" Nr. 52