Der Hüter Nr. 7: Dämonenwahn

Der Hüter Nr. 7: Dämonenwahn


"Belphegor ging auf die Tür zu und sah durch das Fenster hinein. Die Höhle hinter der Tür war so groß, dass ihre Ausmaße durch diese kleine Luke gar nicht abschätzbar waren. In fünfzig Metern Entfernung konnte Belphegor zwar eine Felswand erkennen, vor der ein paar alte zerfetzte Decken lagen, oder was auch immer sonst das sein mochte. Doch vor der Wand führte ein Gang nach links und verschwand aus Belphegors Sichtbereich. Der Gang konnte in einen Felsdom führen, aber auch nur in ... WUMM!!! Etwas prallte gegen die Metalltür. Barstow zuckte zurück, blieb mit dem linken Fuß am rechten hängen und kippte nach hinten um. Sein Herz raste. Schon wieder! Er, der hartgesottene Schwarzmagier, der plante, gegen Asmodis Befehl zu handeln, hatte sich erschrocken. Na toll! Und da war auch wieder dieser Geruch, nach ungezügeltem Verlangen und wildem Tier. Doch diesmal brachte er Belphegors Blut nicht wieder so zum Kochen. Als sich sein Herzschlag halbwegs wieder beruhigt hatte, rappelte er sich auf und sah zur Tür. Die beiden äußersten Gitterstäbe in der Sichtluke wurden von schmutzigen, blutverschmierten Finger umklammert. Die Daumennägel - und nur die konnte Belphegor sehen - waren lang und eingerissen. Unter ihnen war soviel Dreck, dass man einen Toten damit hätte begraben können. Zwischen den mittleren Gitterstäben war ein Gesicht, nein, eine Fratze zu sehen, verzerrt, die Augen verdreht. Aus den Nasenlöchern lief gelber Rotz, sammelte sich auf der rissigen Oberlippe und bildete dort Krusten. Die Haare starrten vor Schmutz, Schweiß und anderen Dingen, die mit Sch beginnen. Sie standen wirr vom Kopf ab wie Stroh. Der Mund war zu einer debilen Grimasse verzogen, Geifer rann heraus. Belphegor konnte die Zunge sehen, die wie eine schwarze Qualle im Mund der Kreatur pulsierte und zuckte. Belphegor bückte sich, hob die Schachtel auf, die er bei seinem Sturz verloren hatte, und machte erneut einen Schritt auf die Tür zu. „Hallo, Randolphus!“, sagte er. Das Ding hinter der Tür zog sein Gesicht etwas von den Gitterstäben zurück und legte den Kopf schief, als es seinen Namen hörte. Dann gab er ein blubberndes Husten von sich, dem eine Art Bellen folgte. „...olph...olph...olph...“ Belphegor verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. „Ich glaube, du könntest deinem Onkel Mephisto und mir einen großen Gefallen tun. Einen wirklich großen Gefallen.“ „...olph...olph...olph...“, machte Randolphus und schielte zu der Schachtel, die Belphegor in der rechten Hand hielt. Zumindest mit einem Auge tat er das. Das andere starrte in eine völlig andere Richtung. Barstow sah seinen Blick und lachte. Dann streckte er die Schachtel vor. „Ich habe dir auch ein Geschenk mitgebracht!“ „...olph...olph...olph...“ Belphegor hätte schwören können, dass Randolphs Bellen wesentlich besser gelaunt klang als noch vor wenigen Augenblicken. Er lachte und sah Mephisto an. „Doch!“, sagte er schließlich. „Ich bin mir sicher, dass er uns von Nutzen sein kann. Von großem Nutzen! Vertrau mir!“"


von Oliver Fröhlich, erschienen im Februar 2007
download als PDF (2,81 Mb)