John Sinclair Nr. 1674: Attacke der Grausamen

John Sinclair Nr. 1674: Attacke der Grausamen


Den ersten Schlag bekam Ray Miller mit, als er beschleunigen wollte. Das bedeutete kein Risiko, denn die Landstraße war zwar nicht besonders breit, aber sie lag schnurgerade und übersichtlich vor ihm. Nicht ihn traf der Schlag, sondern das Autodach. Miller zuckte zusammen, er fluchte auch, beugte sich dann vor, um besser durch die Frontscheibe auf die Fahrbahn zu schauen. Dort lag nichts, was er als Hindernis hätte einschätzen müssen. Der Schlag war auch von oben erfolgt, und so dachte Miller darüber nach, ob ihm nicht ein Vogel auf das Dach geflogen war …


von Jason Dark, erschienen am 10.08.2010, Titelbild: Syuigovets
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
John Sinclair und Purdy Prentiss sind auf dem Rückweg nach London. Unterwegs übernachten sie in einer kleinen Pension und kommen sich unweigerlich näher. Am nächsten Tag werden sie beim Frühstück Zeugen eines ungewöhnlichen Gesprächs zwischen der Pensionswirtin und dem Konstabler des Dorfes. Wieder wurde ein verunglücktes Auto gefunden, von dem Fahrer keine Spur. Lediglich ein paar Blutspritzer zeugen von einer Tragödie. Insgesamt ist es bereits das dritte Auto binnen kürzester Zeit, dass ohne Besitzer gefunden wurde. John gibt sich als Scotland Yard-Beamter zu erkennen und untersucht mit Purdy den Tatort. Wenig später, auf dem Rückweg ins Dorf, werden sie von einer fliegenden Kreatur mit einem Totenschädel angegriffen. John und Purdy können das Monster mit Silberkugeln töten. Kurz darauf erscheint Myxin und erklärt den Beiden, dass die Kreatur aus Atlantis stammt und zusammen mit einigen Artgenossen durch den Tunnel, den die Atlanter versehentlich bei den Flaming Stones geöffnet haben, in die Gegenwart gelangt sind. Jetzt sind sie auf der Suche nach Menschen, um durch deren Blut zu Kreaturen der Finsternis zu werden …


Meinung:
Zumindest könnte man die Essenz dessen, was Myxin so an Erklärungen parat hat in diese Richtung hin deuten. Insgesamt führt der kleine, grüne Magier aus Atlantis zwei Gespräche mit John. Das erste nach ungefähr der Hälfte des Romans. Dort vermutet John, dass es sich bei den Flugmonstern ebenfalls um Kreaturen der Finsternis handeln könnte und Myxin gibt sich erstaunt und unwissend, was diese Dämonenabart betrifft. Das zweite Gespräch findet kurz vor der finalen Schlacht statt und plötzlich hat Myxin für alles eine Erklärung, inklusive der, dass die Flugmonster von den Kreaturen der Finsternis lernen wollten, sich in Gestalt von Menschen zu bewegen. Daher auch die Idee, das dämonische Blut mit menschlichem zu tauschen, wodurch die Opfer noch zeitweise leben, aber binnen kurzer Zeit qualvoll sterben. Alles nicht uninteressant, aber im Kontext doch recht schwammig und undurchdacht. Nicht Fisch und nicht Fleisch, man bekommt unweigerlich den Eindruck, dass Jason Dark gedanklich nach der Hälfte des Romans umgeschwenkt ist. Dabei beginnt der Roman äußerst vielversprechend, obwohl die Anfangssequenz mit Ray Miller deutlich zu ausgewalzt beschrieben wurde. Die Entführung Millers hätte auf den ersten zwei Seiten abgehandelt werden können. Gleich danach wird der Fokus auf den Serienhelden gerichtet, der nun auch Purdy Prentiss zu seinen Eroberungen zählen darf. Es liest sich immer wieder sehr amüsant, wie krampfhaft John Sinclair den Sex mit einer Freundin erklären will und dabei immer wieder betont, dass es ja nur allzu menschlich ist. Als ob er sich rechtfertigen oder entschuldigen müsste. Allerdings ist es schade, denn Purdy war die einzige Single-Frau, mit der John Sinclair eine platonische Freundschaft verband. Eine schöne Botschaft, die in diesem Band ein Ende findet. Dabei kommt wenigstens der Humor nicht zu kurz, als Purdy sich schämt, weil die Wirtin möglicherweise ihr nächtliches Stelldichein gehört haben könnte und John trocken bemerkt, dass er sie ja fragen könnte. Die Flugmonster bilden eine angenehme Abwechslung zu den sonstigen Übeltätern und erinnern in ihrer Gestalt mehr an das fliegende Grauen (siehe Band 643) und nicht an die Gestalt auf dem Cover. Die Szene in der John und Purdy zum ersten Mal einem derartigen Monster begegnen wurde sehr eindringlich und gut beschrieben. In der Mitte hat der Roman einen kleinen Hänger und auch wenn das Auftreten der Vermissten recht überraschend kommt, so wurde es doch eher mäßig in Szene gesetzt. Danach strebt die Handlung schon dem Finale entgegen und hier beging Dark einige entscheidende Fehler. Ziel des Angriffs wird ein Bus mit Schulkindern! Zum einen gab es das schon des Öfteren, zum anderen bangt man als Leser keine Sekunde lang um das Leben der Kleinen. Dann wird der Angriff der Flugmonstern bereits im Vorfeld langatmig angekündigt, so dass man eigentlich nur erleichtert ist, als die Kreaturen sich endlich dazu durchringen den Bus zu attackieren. Ein überraschender Angriff aus dem toten Winkel wäre viel wirkungsvoller gewesen. Zum Schluss gibt es zwar ein erfrischendes Wiedersehen mit den Atlantern, wobei Sedonia mit keiner Silbe erwähnt wird, doch zugleich kommt bei dem Kampf gegen den Schwarm Flugmonster keine Spannung auf, denn letztendlich haben John und seine Freunde leichtes Spiel. Dass auch normale Kugeln Wirkung zeigen, hat die Spannung nicht gerade gefördert. Diese Tendenz zeichnet sich mittlerweile leider häufiger ab. Selbst die Strigen sind letztendlich durch die reine Wucht der Projektile vernichtet worden (siehe Band 1634).
Fazit: Flüssig geschriebener Roman mit viel Action, aber wenig Spannung, denn um einen Bus mit Kindern muss man sich im Sinclair-Kosmos nicht wirklich viele Sorgen machen.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

So muss das Cover eines Gruselromans aussehen. Unheimlich, dynamisch und kunstvoll. Dabei harmoniert das Bild perfekt mit dem Layout der großen Gruselserie von Jason Dark.


Coverbewertung:
5 Kreuze

Rezension von VoXpOpZ:


Kurzbeschreibung:
John und Purdy befinden sich wieder in der Gegenwart. Noch bevor sie nach London zurückkehren, stoßen sie auf Flugmonster aus Atlantis, die durch den Riss der Zeit ins Jetzt gelangt sind. Die Beiden vernichten einige von ihnen und bewahren eine Schulklasse vor dem tödlichen Angriff der Wesen. Gegen die dann jedoch auftauchenden Schwärme von Flugmonstern stehen sie auf verlorenem Posten. Schließlich erscheint Myxin mit Kara und dem Eisernen Engel, die dem Rest der Brut den Garaus machen.


Meinung:
"Weißt du, dass dies an ganz beschissener Fall ist, John?", fragt Purdy Prentiss an einer Stelle im Heft und hat damit absolut unrecht. "Attacke der Grausamen" ist ein großartiger Fall, der sich nicht hinter seinem Vorgänger verstecken muss.
Tatsächlich ist er eine Fortsetzung des Romans der Vorwoche, das misslungene Experiment der Atlanter aus Band 1673 zeigt weitere Folgen: eine ganze Schar von Flugmonstern ("zweistellige Schwärme") hat den Weg in unsere Welt gefunden. Das ist eine gute Idee, die in ihrer Umsetzung keine Wünsche offen lässt. Der Autor - dem Stil nach der gleiche wie in der Vorwoche - verfährt selbstbewusst und ansprechend, lässt die Figuren glaubwürdig und lebendig agieren. Dabei ist vor allem Johns Ratlosigkeit authentisch. Immer wieder steht er fassungslos vor dem Erlebten, zuckt die Schultern und weiß nicht weiter. Das macht ihn menschlich und zeigt, dass auch er als titelgebender Protagonist nach (insgesamt) fast 2000 Abenteuern nicht immer eine Antwort weiß. So ist es nur folgerichtig, dass der Geisterjäger den Fall nicht alleine lösen kann.
Der Auftritt von Myxin, Kara und dem Eisernen Engel - drei Figuren, die ja quasi zum Urcast der Sinclair-Serie gehören und in den letzten Jahren offensichtlich viel zu selten auftraten oder überhaupt Erwähnung fanden - bleibt das Highlight des Romans. In einem atemberaubenden Finale kommen die drei ihrem alten Freund John zu Hilfe und besiegen die Armee der Grausamen. Szenen wie diese zeigen eindrucksvoll, welche Kraft und welches Potenzial selbst nach mehr als 35 Sinclair-Jahren immer noch in dieser Serie stecken.
Fazit: Inhaltlich wie sprachlich überzeugender Roman, der mit dem Heft der Vorwoche einen der coolsten Zweiteiler gibt, die ich innerhalb der Serie gelesen habe.


Besonderheiten:
- John hat zum ersten Mal Sex mit Purdy Prentiss.
- Die Leserseite entfällt erneut zugunsten der Leserbefragung.


5 von 5 möglichen Kreuzen:
5 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Cover wirkt düster und unheimlich, allerdings gefällt mir dieser amerikanische Touch (Skyscraper) auf Sinclair-Titelbildern nicht. Die dargestellte Szene kommt so im Roman nicht vor und stellt mehr eine sehr freie Interpretation der Geschehnisse dar.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
John Sinclair und Purdy Prentiss befinden sich noch in der Nähe der flaming stones als sie bei einer Übernachtung in einem Gasthof mithören, dass erneut ein Auto verlassen aufgefunden wurde. Vom Fahrer gibt es keine Spur - und dies ist schon der dritte Fall innerhalb weniger Tage. John will sich mit Purdy den Wagen ansehen und macht dabei die Bekanntschaft des Wesens, dass den Fahrer entführt hat: eine fliegende Kreatur mit einem Totenschädel und Krallenhänden. Gemeinsam vernichten John und Purdy das Wesen mit Silberkugeln.
Als die beiden in den Gasthof zurückkehren, taucht plötzlich Myxin auf, der John erklärt, dass die Flugmonster aus Atlantis stammen und bei dem misslungenen Experiment mit den flaming stones (s. Band 1673 ‚Brennendes Atlantis') durch den Zeitriss in die Gegenwart gelangt sind. Kurz darauf erscheinen auch die drei verschwundenen Männer im Ort und teilen John mit, dass sie als Warner gekommen sind und ihnen die Flugmonster das Blut genommen haben. Dann zerfallen sie zu Staub. Dann tauchen drei weitere Flugbestien auf, die einen Bus mit Schulkindern angreifen, doch auch diese Monster können John und Purdy mit vereinten Kräften vernichten.
Nun erscheint Myxin erneut, um die Hintergründe der Monster zu erklären: es hat diese fliegenden Bestien schon seit langen Zeiten gegeben, doch als dann die Menschen auf der Erde erschienen, wollten sie so werden wie diese. Dazu haben sie sich mit den Kreaturen der Finsternis verbündet, die ihnen rieten, das Blut der Menschen in sich aufzunehmen um menschlich zu werden. Diese Geschehnissen fielen in die Zeit kurz vor dem Untergang Atlantis', und so wurden sie kaum von den Menschen und magischen Wesen wahrgenommen - doch nun sind die fliegenden Monster in der Gegenwart gestrandet und setzen ihr Werk fort.
Nach dieser Erklärung erscheinen am Himmel mehrere dieser Bestien. Doch John und Purdy sind nicht alleine, denn auch Kara und der Eiserne Engel erscheinen, und schließlich können alle Flugmonster vernichtet werden.


Meinung:
Mit diesem Roman und seinem Vorgänger ist mal wieder ein inoffizieller Zweiteiler erschienen, deren Handlung nicht direkt aufeinander anschließt, aber der zweite auf dem ersten aufbaut. Das hat mir gut gefallen und der Beginn des Romans ist auch spannend und fesselnd geschrieben. Der Überfall auf Ray Miller und die erste Begegnung zwischen John und dem Flugmonster hat mir gut gefallen.
Die zweite Hälfte hat mich nicht mehr ganz so begeistert, weil es einfach nur nervt, wenn Myxin erst nach und nach mit seinem Wissen rausrückt, und der Überfall auf den Schulbus war zu langgezogen. Immerhin haben Kara und der Eiserne Engel noch einen kurzen Auftritt, so dass ich noch drei Kreuze geben kann.


Besonderheiten:
Statt der Leserseite gibt es eine Umfrage des Verlages.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Das Bild ist ein spannender Aufmacher für den Roman, auch wenn es nicht direkt zur Handlung passt, weil die Angriffe auf einer einsamen Landstraße stattfinden und nicht in einer Stadt.


Coverbewertung:
3 Kreuze