Macabros Nr. 44: Mirakel, Herr im Geisterland
Als Donald McCasey an diesem Abend sein Geschäft schloß, erblickte
er den Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das wäre
weiter nichts Besonderes gewesen. Aber in der Haltung und im Blick dieses
Mannes waren etwas, das McCasey schon lange nicht mehr gesehen hatte - und
das ihn stutzig machte. Er schluckte und preßte mehrmals die Augen
zusammen, als könne er nicht glauben, was und wen er dort drüben
sah. "Hariett" rief er heiser in den dunklen Ladenraum hinter sich, wo eine
vergrämte Endfünfzigerin die Theke abwusch."Ja, was ist denn?"
klang mit unfreundlicher Stimme Ihre Frage. Donald McCaseys Frau hob nicht
mal den Blick "Da drüben - auf der anderen Straßenseite, Hariett",
Donald McCaseys Stimme war belegt.
von Dan Shocker, erschienen am 28.12.1976,
Titelbildzeichner: R.S. Lonati
Rezension von
GoMar:
Kurzbeschreibung:
Donald McCasey, ein Kaufmann in Blairgrownie, Schottland, ist ein übler
Säufer. Eines Tages sieht er seinen vor 25 Jahren verstorbenen Freund
James Muligan gegenüber an der Straßenecke stehen - wie er immer
aussah. In der Nacht besucht er dessen Haus, in dem nun die Fentlys wohnen,
nicht ahnend, daß es sich hierbei um einen Dämon handelt. Auf
Manon Castle, einem Schloß in den Grampian Mountains, treffen sich
einige Gäste zu einer Party, die Ed Hopkins, ein reicher amerikanischer
Western-Star, organisierte. Die Party wird zum Fiasko, vier Menschen sterben
durch Geisterhand, und Hopkins sperrt die restlichen ins Burgverlies, wo
er noch einen von ihnen tötet. Frank Morell alias Mirakel versucht bei
Dr. Felkmann mittels dem Medium Katja Manstein Licht in seine früheren
Leben als Dykte zu bringen, da wird das Medium durch Geister entführt.
Durch einen Zeitungsartikel stößt er wieder auf die Spur des Mediums
und folgt ihr - zum Manon Castle. Unterdessen ist es John Hiller, einem Reporter,
gelungen, aus dem Verlies zu fliehen und anonym aus Perth die Polizei zu
alarmieren. Inspektor Frazer und seine Mannen rücken an, können
aber nichts ausrichten, da alle Fahrzeuge in einem Kratersee versenkt wurden.
Sie ziehen zum Schein wieder ab. Hiller wird unterdessen auf seinem
Beobachtungsplatz, dem Gästehaus des Earls of Manon, von den Geistern
ermordet und lockt durch seinen Todesschrei Mirakel an, der ihn als einziger
hört. Mirakel kann Hiller aber auch nicht mehr retten. Auch Mirakel
gerät in die Fänge des spukenden Earls - und stirbt! Unterdessen
entdeckt Inspektor Frazer mit einem Gehilfen die versenkten Autos im Kratersee
und will einen Froschmann holen lassen, als sein Gehilfe von Ed Hopkins
erschossen wird. Es folgt ein Schußwechsel wie im Wilden Westen, und
es Frazer schließlich gelingt, Hopkins schwer zu verwunden. Als Geist
steht Mirakel nun dem Geister-Earl gegenüber und kann das Medium Katja
Manstein vor dem Flammentod retten, denn sie ist als Lebende dort angelangt.
Er entdeckt noch den See der Wahrheit, in den er springt und so den Spuk
im Manon Castle auflöst. Mirakel, das Medium und James Muligan, der
25 Jahre als "Gast" ausharren mußte, treten den Rückweg an, Mirakel
und Muligan als Geister. Mirakel hofft, in seinen Körper zurückkehren
zu können. Muligan hat es geschafft, Molochos auszutricksen und will
sein Wissen nun dafür verwenden, ihn und den anderen Dämonen das
Handwerk legen zu helfen. Wenn da nicht noch der Säufer McCasey wäre
...
Meinung:
Das dritte Abenteuer um Mirakel, den fliegenden Dyktenmann, ist gleichzeitig
das erste Abenteuer ohne Björn Hellmark, wenn er auch kurz am See der
Wahrheit von Mirakel in D'Dylls Energiekörper gesehen wird. Es wird
immer bekrittelt, daß die Mirakel-Abenteuer ein Fehltritt von Dan Shocker
waren. Ganz von der Hand zu weisen ist dies nicht, aber nur mit dem Aspekt,
daß fliegende Supermänner eben nicht so in waren in Europa in
den 70ern und 80ern. Wenn man heutzutage die Hollywood-Verfilmungen von einem
Superman, Batman, Spiderman usw. ansieht, dann scheint dies jetzt ganz anders
zu sein. Doch zurück zum Roman: Wieder einmal hat Dan Shocker einen
ganz gut geschriebenen Roman vorgelegt, der mit wunderbaren
Charakterbeschreibungen etlicher Protagonisten aufwartet und einer Verliebtheit
in die schottische Landschaft, die ja prädestiniert für Spuk- und
Geistererscheinungen zu sein scheint. Die Rahmenhandlung ist durchaus spannend
und gruselig aufgebaut, wenn auch außer den Morden durch den Earl und
seinen Geistern und der Erscheinung Muligans als Geist wenig sonst in dieser
Hinsicht passiert. Muligan erscheint McCasey 2 Tage vor seinem endgültigen
Sieg über Molochos und legt dadurch selbst den Grundstein zu seinem
Scheitern, da er die Neugier McCaseys unterschätzt. Der übrige
Plot wirkt fast etwas westernhaft mit Schießereien etc. Der Part Mirakels
ist eigentlich wieder der am wenigsten spannendste. Das liegt meiner Meinung
nach zum einen an seinem ständigen Kontakt mit einem Psychiater, den
wenig spannenden Beschreibungen vom Büroalltag eines Zeichenbüros,
und seinen eingeschränkten Möglichkeiten, die das Herumfliegen
in der Gegend nicht spannender macht. Aber es scheint mit dem See der Wahrheit
und seinem neuen Wirkungsgrad als Herr im Geisterland eine neue Dimension
für zukünftige Abenteuer zu entstehen. Der Teil ab seinem Tod und
dem Zusammentreffen mit dem Earl ist nicht unspannend geworden, aber durch
die rasche Abwicklung durch Dan Shocker, der wieder einmal merkte, daß
die Seitenanzahl bald erreicht ist, wurde dieser Begegnung die nötige
Spannung garantiert genommen. Fazit: Gute Charakterbeschreibungen, gute
Landschaftsbeschreibungen, gute Gruselelemente, aber eben nicht mehr. Es
wäre sicher etwas spannender geworden, hätte z. B. Larry Brent
hier mitgemischt ...
Besonderheiten:
1. Erstes Abenteuer Mirakels ohne Björn Hellmark.
2. Erster Auftritt Katja Mansteins, eines Mediums.
3. Mirakel entdeckt den See der Wahrheit und wird Herr der Geister im
Geisterland.
4. Mirakel sieht im See der Wahrheit erstmals die Grauen Riesen.
5. Mirakel sieht D'Dyll-vh'on-Ayy mit Björn Hellmark durchs All rasen.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Titelbild ist sehr genau einer Beschreibung einer Vision von Katja Manstein
nachempfunden, die genau so im Roman vorkommt. Die Figur Mirakels ist gut
getroffen, auch die ihn umgebende Aura, die ihn schützt, denn seine
Kleidung und die offenen Handschuhe vermöchten dies nicht. Der Hintergrund
des Alls ist sehr schön schwarz gemalt mit einigen Sterntupfern drin
und vermutlich mit Mars und seinen beiden Monden sowie Saturn mit seinen
Ringen. Wenn auch nicht sehr spektakulär, so doch handwerklich gut gemacht.
Ein Lonati-Bild eben ...
Coverbewertung: