Professor Zamorra Nr. 44: Der Flammenteufel

Professor Zamorra Nr. 44: Der Flammenteufel


Zuerst war es kaum zu erkennen. Es war winzig und fast unscheinbar. Und es war so versteckt, daß niemand es sehen konnte. Aber es fraß sich seinen Weg durch die tausend kleinen Baumwollbüsche. Es brannte sich durch das dichte Steppengras und war zäh und nicht mehr einzudämmen. Es kam mit tausend, mit zehntausend kleinen Flammen, die züngelnd über den Boden krochen. Und die Flammen wuchsen dichter zusammen und wurden ein breites, glühendes Meer aus feuriger Lohe. Das Meer aus Flammen kroch weiter, und immer schneller wälzte es sich auf die Hochebene zu. Um diese Jahreszeit im Hochsommer, weit oben in der "Montana", dem Hochgebirge mit den neuen Pflanzungen, war kein Mensch in der Nähe der Felder. Hier gab es keine Strauchdiebe und Naturschinder. Hier konnte man ruhig schlafen, fast vierhundert Meter unten, in den Baracken der riesigen FRUIT CAMPS. Und so konnte die Flammenwand wachsen. Sie kroch den Berg hinauf, sie fraß den kargen Baumbestand auf, sie fällte die dicksten Bäume mit glühenden Zungen. Und noch immer war sie nicht zu sehen. Denn zwischen den Flammen und dem Lager stand als stolzer, mächtiger, schwarzer Schatten der Felsen der alten Inkastadt: Machu Picchu. Dann aber loderte des Feuer noch heller auf. Längst war die untere Plantage ein Raub der Flammen geworden. Aber was nun geschehen sollte, konnte kein normaler Menschenverstand erfassen. Es war so ungeheuerlich, so gräßlich und unwahrscheinlich, daß niemand davon zu träumen gewagt hätte. Aber es wurde Wirklichkeit.


von Dieter Saupe, erschienen am 24.02.1976