Professor Zamorra Nr. 599: Die Burg der Schlange

Professor Zamorra Nr. 599: Die Burg der Schlange


Die Nacht war sternenklar und wolkenlos. Der Mond stand rund und bleich wie das Gesicht eines Toten am Himmel. Von Norden her trieb der Wind den herben Salzwassergeruch der See über das Land. Irgendwo in den Wipfeln der Bäume, die zu beiden Seiten der Straße wie Riesen emporragten, schrie ein einsames Käuzchen, dumpf und gleichzeitig seltsam durchdringend. Wie Laute aus einer anderen Welt klang das. Ki-witt! Ki-witt! Es war der Ruf des Totenvogels. Er verkündete Unheil und Verderben. In dieser Nacht würden Menschen sterben. Es war die Nacht der Schlange!


von Andreas Kasprzak, erschienen am 13.05.1997, Titelbild: Rafael López Espi

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Um die Strapazen und Abenteuer der letzten Wochen zu verarbeiten gehen Professor Zamorra und Nicole Duval sonderbaren Todesfällen in Schottland nach. Mehrere junge Männer wurden von einer unbekannten Schlangenart vergiftet, ihre Begleiterinnen sind seither spurlos verschwunden. Die Spur führt den Parapsychologen und seine Gefährtin zu der Burg der reizenden Lady Silvia Stoker. Zu Nicoles Missfallen gelingt es der geheimnisvollen Schönheit scheinbar mühelos Zamorra um den Finger zu wickeln. Doch als die Dämonenjäger merken, dass sie in der Burg der Schlange zu Gast sind, ist es bereits zu spät …


Meinung:
Hinter dem einstigen Sammelpseudonym Robert Lamont verbirgt sich dieses Mal der Autor Andreas Kasprzak, der insgesamt drei Romane zu der Mystery-Serie beisteuerte (siehe auch Band 588 und 603). Leider bleibt der vorliegende Titel weit hinter den Erwartungen zurück und entpuppt sich, trotz interessanter Hintergrundgeschichte, als einfallsloses Drehbuchplagiat von Ken Russells "Der Biss der Schlangenfrau". Der Roman setzt sich aus einzelnen Szenen des Films zusammen, die leicht abgeändert wurden. So hat Lady Silvia Stoker (!) eine Helferin und aufgrund des geringen Umfangs eines Heftromans, der durch drei Seiten Leserforum, einer ganzseitigen Fanillustration und zwei ganzseitigen Werbebannern ohnehin schon recht kurz ist, muss sich die Geschichte auf das Wesentliche beschränken. Die Vorlage zu Ken Russels Film stammt von Bram Stoker, der somit auch diesem Zamorra-Abenteuer Pate stand. Daher erklärt sich auch die Namensgebung der Schlangenfrau, um deren Identität man kein Geheimnis machen muss. An und für sich ist der Roman trotz seiner Geradlinigkeit und Vorhersehbarkeit sehr unterhaltsam, wenn er sprachlich und stilistisch ausgereifter gewesen wäre. Bereits auf den ersten Seiten wird die Geduld des Lesers auf die Probe gestellt, denn dem Autor fiel für Lady Silvia Stoker nur ein einziges Synonym ein, nämlich Traumfrau, das auch dementsprechend exzessiv verwendet wurde. Der Handlungsaufbau entspricht den ersten Zamorra-Abenteuern und entwickelt sich ganz nach Schema F. Die Gefährtin wird als Geisel genommen und Zamorra haut sie mit viel Getöse wieder raus, um sie glücksstrahlend am Ende in die Arme zu schließen. Genauso distanziert und oberflächlich gestaltet sich zudem die Charakterisierung der Figuren, da helfen auch Querverweise auf andere Romane wenig. Und trotz seiner Kürze entwickelt die Geschichte eine zähe Langatmigkeit, denn obwohl der Leser längst weiß, wie der Hase läuft, versucht der Autor vergebens noch etwas Mystik und angestaubte Gruselatmosphäre zu erzeugen.
Fazit: Langatmiger Lückenfüller in typischer Heftromanqualität. Solide Grundhandlung, die größtenteils aus Ken Russells "Der Biss der Schlangenfrau" kopiert wurde.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:
Alberne Gruselkollage, wie sie auf einem Gespenster-Krimi aus den 70er Jahren öfter zu sehen war. Ebenso wenig ansprechend, wie der komplette Roman.


Coverbewertung:
1 Kreuz

Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild des Professor Zamorra Romans wurde seitenverkehrt auch schon auf dem Cover des spanischen Comic-Magazins ESPECTROS Nr. 3 verwendet:

ESPECTROS Nr. 3