|
"Ein Schnitter Namens Tod" von Charlotte Engmann
Lukas legte den Hörer zurück auf die Telefongabel, stand vom
Schreibtisch auf und trat an das Fenster seines Arbeitszimmers. Über
dem Siebengebirge erklomm der zunehmende Mond das Firmament und tauchte die
bewaldeten Hänge in silbernes Licht. Der rotblonde Vampir seufzte lautlos.
Der Blick seiner wasserblauen Augen ging ins Leere. Seine Gedanken waren
bei Perdita. Sie war nicht Fleisch von seinem Fleisch, jedoch Blut von seinem
Blut - und seine Tochter war die Gefangene des Schwarzmagiers und Nekromanten
Waidinger.
"Die goldene Ziege" von Luc Bahl
Die Wachen ließen sie ungehindert passieren. Es blieb ihnen auch gar
nichts anderes übrig bei diesem Andrang, denn alle wollten beim
diesjährigen Fest dabei sein. Der Blinde Werring stieß einen Seufzer
der Erleichterung aus, als sie endlich aus der sengenden Gluthitze der
Hochsommersonne durch das große Tor in die kühlen, schattigen
Gassen Chorfstadts traten. "Ahh...", grunzte da der blonde Hüne direkt
neben ihm. "Werring, da! In Voitans Namen! Das nenn ich ein Weib." Werring
spürte, dass sich sein Begleiter entfernen wollte. Sehen konnte er das
nicht, denn er war so blind, wie sein Name vermuten ließ. "Was für
ein Weib! So groß, so kräftig, so schön..." "Bär! Reiß
dich zusammen!" Werring konnte den Geifer regelrecht hören, der im Mund
seines Freundes zusammenlief. "Will das Weib haben!" Die stampfenden Schritte
des Hünen entfernten sich.
"Der Vampir von Mailand" von Marc Tammous
Von einer Sekunde zur anderen wusste Dan Walker, dass er nicht mehr allein
war.Dennoch tat er so, als habe er die Gestalt nicht bemerkt, die ihm auf
leisen Sohlen durch Mailands enge Gassen folgte und dabei darauf bedacht
war, sich vom Licht der spärlich gesäten Straßenlampen
fernzuhalten. Walker dachte nicht daran, seinen Schritt zu verlangsamen oder
gar über seine Schulter zu blicken, wie es jeder Anfänger getan
hätte. Sein Mundwinkel zuckte nach oben, als er den Schatten bemerkte,
der rechts an ihm vorbeikroch.Seine Halsschlager begann hektisch zu pochen.
Gebannt beobachtete er, wie der Schatten länger wurde. Kam ihm sein
Verfolger näher, oder lag es nur an der sich mit jedem Schritt
verändernden Beleuchtung? Egal, Walker hatte genug von diesen
Spielchen!