Vampir-Horror-Roman Nr. 67: Das Mädchen in der Pestgrube
Die riesige Baugrube vor dem Haupteingang des Stephansdoms war alles andere
als ein hübscher Anblick. Die Touristen hatten einige Mühe, den
Dorn auf ihre Filme zu bannen, ohne allzuviel von den stürenden Kränen
und Baumaschinen draufzubekommen. Es wurde Tag und Nacht gebaut. Der Lärm
war ohrenbetäubend. Fritz Heller hatte sich jedoch schon seit vielen
Jahren an ihn gewöhnt. Er hielt den vibrierenden Preßluftbohrer
in seinen riesigen Pranken und war mit seinen Gedanken nicht sehr hei der
Arbeit.
von Neal Davenport, erschienen 1974, Titelbild: Carolus Adrianus Maria Thole
Rezension von
Stefan
Schrage:
Kurzbeschreibung:
Bei Bauarbeiten der Wiener U-Bahn legt ein Arbeiter die unversehrte Leiche
eines jungen Mädchens frei. Plötzlich erwacht die Tote zu neuem
Leben. Das Mädchen steigt aus der Baugrube und verschwindet...
Dorian Hunter reist nach Wien um hier das Geheimnis des Londoner Schwesternpaares
Hercy und Mercy lüften. In der O'Hara-Stiftung, wo die beiden gearbeitet
hatten, fielen dem Dämonenkiller ihre Wertpapiere und ein Plan der Wiener
Katakomben in die Hände (siehe VHR
Nr. 63 / DK 11 'Die Todesengel').
Er trifft sich mit Norbert Helnwein, um mit ihm die gefundenen Unterlagen
zu studieren. Die Papiere sind ausgestellt auf die Namen Maria Reichnitz
und Elisabeth Reichnitz, wohnhaft am Stephansplatz 80, und datiert auf das
Jahr 1713. Für Dorian scheint klar, dass die Schwestern Reichnitz und
das Schwesternpaar aus London identisch sein müssen.
In Helnweins Haus wohnt zur Zeit auch ein junges Mädchen, dass scheinbar
unter Hypnose steht und sich seltsam benimmt. Helnwein behauptet zunächst,
sie sei seine Nichte, die vorübergehend bei ihm wohnt. Dorian ist jedoch
überzeugt, dass mit diesem Mädchen etwas nicht stimmt. Bald darauf
begeben sich die beiden Männer zum Haus am Stephansplatz 80, wo die
Reichnitz-Schwestern im Jahr 1713 gewohnt haben. Der Hauswirt lässt
sie nicht hinein, erzählt ihnen aber, dass das Haus im Besitz der
Reichnitz-Schwestern ist. Demnach müssten die beiden schon an die 300
Jahre alt sein!
Später stattet Dorian dem Haus einen weiteren illegalen Besuch ab. Drinnen
wird er Zeuge einer geisterhaften Szene: Er sieht das Mädchen aus Helnweins
Haus, wie sie von einem Unbekannten bedrängt wird. Als Dorian eingreifen
und dem Mädchen zu Hilfe kommen will, stellt er fest, dass es sich nur
um eine Geistererscheinung handelt, da er die Personen nicht körperlich
fassen kann. Kurz darauf ist der Spuk auch schon beendet. Dorian durchsucht
das Haus und findet einen Schrein, der eine Haarlocke und Fingernagelstücke
enthält. Berühren kann Dorian den Schrein allerdings nicht, da
er magisch gesichert ist. Kurz darauf taucht in dem Haus, zu Dorians
Überraschung, Michael Zamis, Cocos Vater, auf. Helnwein gesteht Dorian
schließlich, dass er das Mädchen in seinem Haus, dass in Wirklichkeit
Steffi Brunner heißt, nicht seine Nichte ist und sie bei sich aufgenommen
hat, kurz nachdem sie der Baugrube am Stephansdom entstiegen war. Dorian
will dem Mädchen einige Fragen stellen und die beiden Männer dringen
in ihr Zimmer ein. Doch Dorian erleidet plötzlich einen Schwächeanfall
und wird bewusstlos. Er träumt davon, wie ein Leiterwagen Richtung
Stephansdom und dem alten Friedhof fährt. Das Mädchen Steffi wird
in eine Grube geworfen, zusammen mit anderen Toten, aber das Mädchen
ist noch am Leben. Dann ist der Traum vorbei und der Dämonenkiller kommt
wieder zu sich. Helnwein und Dorian Hunter wollen dem Mädchen folgen,
als sie das Haus verlässt. Doch plötzlich ist Steffi verschwunden
und Helnwein und Hunter haben das Nachsehen.
Die Männer trennen sich und Dorian begibt sich erneut in das Haus der
Reichnitz-Schwestern. Mit Hilfe einiger Zaubersprüche gelingt es ihm,
einen magisch gesicherten Geheimgang zu öffnen. Durch den Geheimgang
gelangt er schließlich in einen speziellen Raum der Katakomben, in
die ehemalige Pestgrube. Kurz darauf tauchen auch Michael Zamis und weitere
Personen auf. Dorian muss sich zwischen den Gebeinen der Pestopfer verstecken
und belauscht heimlich eine Opferungszeremonie, in deren Verlauf ein junges
Mädchen getötet wird. Auch die geheimnisvolle Steffi nimmt daran
teil. Am nächsten Morgen kehrt der Dämonenkiller zu Helnweins Haus
zurück, doch der alte Mann ist nicht anwesend. Kurz darauf erhält
er einen Anruf von Michael Zamis. Der Dämon eröffnet ihm, dass
Helnwein in seiner Gewalt ist. Das Haus Helnweins ist mit magischen Fallen
gesichert, so dass der Dämonenkiller weder das Haus verlassen noch
telefonieren kann. Der Dämonenkiller sichert sich selbst durch einen
magischen Kreis. Er wird von magischen Attacken und schrecklichen Visionen
heimgesucht, aber es gelingt den Dämonen nicht, den Kreis zu durchbrechen.
Die Stunden vergehen. Dorian Hunter wird plötzlich von einer unsichtbaren
Hand bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Als Dorian erwacht, sieht er
sich dem Dämon Olivaro gegenüber. Olivaro eröffnet ihm, dass
Dorian vor beinahe dreihundert Jahren, genauer gesagt im Jahre 1713, als
Ferdinand Dunkel gelebt hat...
Mit Hilfe von Olivaros magischen Fähigkeiten wird der Dämonenkiller
seiner Vergangenheit und seinem früheren Leben als Ferdinand Dunkel
konfrontiert. Im Jahre 1713 herrschte gerade eine der letzten großen
Pestepidemien in Europa und auch Wien ist davon betroffen. In der Stadt trifft
Dunkel seine Geliebte Steffi Brunner, die als Stubenmädchen im Dienste
der Schwestern Reichnitz steht. Ferdinand möchte Steffi sofort heiraten
und mit ihr dann Wien wegen der Pest verlassen. Er verabredet sich mit ihr
zur Mittagszeit, um sie dann abzuholen und mit ihren Dienstherrinnen wegen
seiner Absichten zu sprechen...
Gegenwart: Olivaro und Dorian verlassen das Hotel, um sich zur Villa
der Schwestern Reichnitz zu begeben. Olivaro zwingt den Dämonenkiller,
sich zu erinnern. Dorian überwindet seinen anfänglichen Widerstand
und erinnert sich wieder...
Vergangenheit - 1713: Ferdinand Dunkel hatte seiner Steffi versprochen
sie abzuholen. Er wollte auch mit den Schwestern Reichnitz über seine
Absichten hinsichtlich einer Heirat mit Steffi sprechen. Als er klopft,
öffnet ihm jedoch nicht Steffi sondern Maria Reichnitz die Tür.
Auch die Schwester Elisabeth kommt kurz darauf hinzu und Ferdinand eröffnet
den Damen, Steffi heiraten zu wollen. Kurz darauf erscheint ein unbekannter
Besucher bei den Schwestern. Ferdinand schleicht den Schwestern und dem
unbekannten Besucher nach.
Im Salon wird er Zeuge, wie der Unbekannte Steffi bedrängt. Als Ferdinand
eingreifen will, kann er Steffi nicht zu Hilfe kommen, da er sich nicht bewegen
kann. Dann tauchen die Schwestern Reichnitz auf und beginnen, die bewusstlose
Steffi zu entkleiden. Ferdinand wird Zeuge eines Seelentausches zwischen
Asmodi I und Steffi. Als diese zu sich kommt, scheint sie verändert.
Sie erkennt Ferdinand nicht mehr und will ihn töten lassen, da er Zeuge
des Seelentausches war. Steffi/Asmodi I. will Ferdinand und den Unbekannten
sich so lange duellieren lassen, bis beide tot sind. Gerade als der Unbekannte
zum tödlichen Stich gegen Ferdinand ausholen will, taucht ein weiterer
Mann auf, dessen Gesicht nur ein weißer Fleck ist. Er stellt sich als
Asmodi (= Asmodi II) vor und fordert Steffi/Asmodi (= Asmodi I), heraus,
um dessen Nachfolge anzutreten. Der gesichtslose Asmodi II. raubt Steffi/Asmodi
I das Gedächtnis und zeichnet sie mit der Pest. Den Schwestern Reichnitz
eröffnet er, dass nun er, Asmodi II, der neue Herrscher der Schwarzen
Familie ist. Als er Ferdinand entdeckt, erkennt Asmodi II, dass er ihn nicht
töten, aber ihm ebenfalls sein Gedächtnis rauben kann.
Als Ferdinand zu sich kommt, kann er sich an nichts erinnern; nur noch, dass
er die Schwestern Reichnitz aufgesucht und mit ihnen gesprochen hatte. Er
nimmt die bewusstlose Steffi auf seine Arme, verlässt das Haus und nimmt
eine Kutsche, um sich nach Hause fahren zu lassen. Auf der Schwelle seines
Hauses bricht er bewusstlos zusammen. Als er erwacht, liegt er in seinem
Bett. Von seinem Vater erfährt Ferdinand, dass Steffi an der Pest gestorben
ist. Die Siechknechte haben sie bereits auf einen Leiterwagen gelegt, um
sie mit anderen Pestopfern in die Grube zu werfen. Ferdinand, von
Fieberkrämpfen gepeinigt, sieht, wie Steffi sich aufrichtet und ihm
zuwinkt. Keiner glaubt seinen Beteuerungen, dass Steffi noch lebt. Das
Mädchen wird mit den anderen Toten in die Pestgrube
geworfen...
Gegenwart: Dorian berichtet Olivaro, was er in seinen Erinnerungen
erlebt hat. Olivaro klärt ihn über die letzten Rätsel auf
und berichtet dem Dämonenkiller, dass sich seinerzeit Asmodi I mit den
Schwestern Reichnitz verbündete, um in den Körper des
Stubenmädchens Steffi überzuwechseln, als ihm ein Rebell der Schwarzen
Familie (Asmodi II) nach den Leben trachtete.
Damals starb nur Steffis Körper und nicht der Geist von Asmodi I, der
noch darin steckte. Als man sie in die Pestgrube warf, verweste ihr Körper
im Laufe der Zeit nicht. Beim U-Bahn-Bau wurde die Leiche des Mädchens
freigesetzt und der Geist von Asmodi I konnte einen Teil seiner alten
Kräfte wiedergewinnen. Das rief schließlich die Familie Zamis
auf den Plan, die ihre Chance sah, Asmodi II zu stürzen und Asmodi I
zu neuer Macht zu verhelfen.
Olivaro zieht einen magischen Kreis und lässt den verschwundenen
Reliquienschein, mit der Haarlocke und den Fingernägeln wieder auftauchen.
Kurz darauf erscheint auch Asmodi I, in der Gestalt von Steffi. Auf Olivaros
Geheiß hin zerstört Dorian den Schrein und verbrennt Haarlocke
und Fingernägel, wodurch Asmodi I entgültig vernichtet wird. Mit
dem Taxi fahren beide in die Ratmannsdorfgasse zur Villa der Familie Zamis.
Sie umgehen die magischen Fallen des Hauses und Olivaro vernichtet den
Hüter des Hauses. Im Wohnzimmer ist die gesamte Familie Zamis versammelt
- alle von der Pest gezeichnet. Michael Zamis, das Oberhaupt der Familie,
erlebt, kurz vor seinem Tod, noch einen letzten Triumph, als er, durch Olivaros
Hinweis, erkennt, dass auch der Dämonenkiller, der größte
Feind der Schwarzen Familie, vom Tode gezeichnet ist. Dann taucht Asmodi
II auf und er und Olivaro verlassen die Zamis-Villa. Dorian, von Schmerzen
gepeinigt, schleppt sich aus dem Haus. Doch dann taucht Helnwein auf, der
unter Hypnose zu stehen scheint. Mit Hilfe eines Elixiers kann er Dorian
von der Pest heilen. Olivaro hatte Helnwein offensichtlich das magische Mittel
gegeben. Durch Helnwein lässt Olivaro ausrichten, dass Dorian und er
nun quitt seien. Der Dämonenkiller kann von nun an nicht mehr unbedingt
mit Olivaros Hilfe rechnen. Dorian hofft aber, auch eines Tages Asmodi II
ausschalten zu können...
Meinung:
Eine lange Rezension, aber bei diesem Roman lohnt es sich auch, denn es ist
ein weiterer Höhepunkt in der Dämonenkiller-Serie. Olivaro kommt
dem Dämonenkiller ein weiteres Mal zu Hilfe und Dorian erinnert sich
an ein weiteres seiner früheren Leben. Eine spannende Story mit Gegenwart
/ Vergangenheit-Sprung. Eine interessante Mischung. Ich gebe hier 4 Kreuze.
Besonderheiten:
Der Dämon hilft dem Dämonenkiller ein weiteres Mal und konfrontiert
Dorian mit seiner Vergangenheit.
Asmodi I wird endgültig vernichtet.
Lezter Auftritt der Zamis-Familie.
Der Dämonenkiller in einem weiteren seiner früheren Leben als Ferdinand
Dunkel.
Der Roman erscheint im Mai 1974.
In der Zweitauflage erscheint er erneut im Juni(?) 1983, allerdings
gekürzt.
Zum dritten Mal erscheint die Story 2001 als Buchform im Zaubermond-Verlag
in der Reihe Dorian Hunter Classics Band 3 "Der Folterknecht". Dort erscheinen
4 Romane in überarbeiteter Form.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das leichtbekleidete Mädchen stellt wohl Steffi dar, wie sie gerade
der Baugrube entsteigt, obwohl die Szenerie eher auf einem alten Schlachtfeld
oder einem verwilderten Friedhof zu spielen scheint. Kommt nicht ganz so
in dem Roman vor. Passt aber gut zur Geschichte und gibt dem Ganzen aber
eine unheimliche Atmosphäre. 2 Kreuze
Coverbewertung: