Vampir-Horror-Roman Nr. 271: Höllentanz

Vampir-Horror-Roman Nr. 271: Höllentanz


Martin Auer schloß seine Wohnung auf und blieb wie angewurzelt in der Tür stehen. Durch den schmalen Flur hatte er Einblick in einen Teil des Wohnraumes. Dort schwebte mitten in der Luft sein Notizbuch. Es war aufgeschlagen. Die Doppelblätter lösten sich eines nach dem anderen, wie von Geisterhand herausgerissen aus dem Buch, und flatterten durch den Raum. Martin überwand seine Überraschung. Während er die Minox aus der Manteltasche holte, durchquerte er lautlos den Flur. Jetzt konnte er das Wohnzimmer überblicken. Die Terrassentür stand offen. Ein Luftzug spielte mit den Gardinen, blähte sie auf. Von hier oben hatte man einen ausgezeichneten Ausblick auf den Olympiapark. Aber daran lag Martin jetzt nichts. Seine Blicke wanderten zu der Frau mit dem dunklen, lose herabfallenden Haar, die auf der lederbezogenen Sitzgruppe kauerte. Ihr Rücken war gekrümmt und der Tür zugekehrt; er zuckte wie unter lautlosem Schluchzen. Susanne. Die Lammfelljacke hing ihr leger über die Schultern. Die Finger der Linken, mit der sie sich aufstützte, zuckten im gleichen Rhythmus, in dem die Notizblätter aus dem Buch gerissen wurden. Das war ihr Werk. Sie schaffte das allein kraft ihres Geistes. Wahrscheinlich tat sie es in ihrer Erregung jedoch unbewußt. Sie schien in diesem Augenblick nicht Herr ihrer übernatürlichen Kräfte zu sein. Martin hob die winzige Kamera und Schoß ein Bild nach dem anderen, Dabei veränderte er ständig lautlos seine Position, um. Susanne mitsamt den flatternden Blättern und dem schwebenden Notizbuch aus immer neuen Perspektiven ins Bild zu bekommen. Plötzlich klappte das Buch zusammen und fiel mit einem dumpfen Laut zu Boden.


von Paul Wolf, erschienen 1978, Titelbild: JAD
Rezension von Adee:


Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Journalist Martin Auer aus München hat sich auf hinterhältige Weise in das Vertrauen von Susanne Kroner eingeschlichen, um eine tolle Reportage zu machen. Denn Susanne ist eine Sensitive mit großen PSI-Kräften. Aber Susanne entlarvt ihn und wirft ihn raus. Auer hat sich aber in sie verliebt und bemerkt, dass sie von etwas beeinflusst wird. Er verfolgt sie in das Para-Institut.
Dort ist Derek Hammer von seinem Irland-Trip zurück. Er lässt sich von seinen Lehrern Gulda und Raikow darüber aufklären, dass der verstorbene Dr. Goddard, sein Adoptivvater, sein Überich entwickelt hat. Das manifestiert sich nun als der tätowierte brennende Mann mit den ungeahnten parapsychologischen Fähigkeiten, in den sich Derek in Notsituationen verwandelt. Leider hat Goddard versäumt, Derek zu erklären, wie er den Hexenhammer bewusst aktivieren kann. Und Gulda und Raikow befürchten, dass sich Hammers Überich jeder Kontrolle entziehen und großen Schaden anrichten könnte. Vor allem, als Hammer beunruhigende Visionen von einer Horde Teufel hat, die angreifen.
Susanne Kroner kommt ins Institut, verfolgt von Martin Auer. Der ist aber mit Hammer befreundet, also scheitert sein Versuch, sich einzuschleichen. Aber er macht Hammer auf die seltsame Wahrsagerin aufmerksam, die Susanne besucht hat. Die entpuppt sich als Madame Cayina, eine Verbündete des Magus, die ebenfalls auf Pooka Manor war. Sie kann das Schicksal von Menschen beeinflussen, indem sie deren Handlinien verändert. Hammer geht ihr prompt in die Falle.
Als das Institut von unsichtbaren Mächten angegriffen wird, halten Gulda und Raikow Hammers Überich für verantwortlich und betäuben ihn. Aber Martin Auer kann ihn befreien, und das Hexenhammer-Überich vereitelt Madame Cayinas Plan. Denn die sechs Meter großen unsichtbaren Teufel, die das Institut angreifen, werden von Susanne Kroner erzeugt, und Hexenhammer kann sie von ihrer Beeinflussung befreien.


Meinung:
Das ist nach der Premiere der erste Hexenhammer, der eine sauber konstruierte Geschichte erzählt, die gut funktioniert. Auch wenn der Angriff der PSI-Teufel nicht besonders aufregend ist und man auch nicht nach der Logik des Unternehmens fragen darf -, ist das dennoch recht spannend erzählt. Da stört nicht einmal die völlig überflüssige Nebenhandlung mit einem Penner, der sich als Proband ins Institut schmuggelt und vorgibt, Ektoplasma zu erzeugen. Mit Rasierschaum, den er mit seinem letzten Geld bezahlt hat.
Zum ersten Mal wird genau erklärt, was es mit dem brennenden Mann auf sich hat, und Hammers Missionsziel wird noch einmal deutlich formuliert. Den Magus zur Strecke zu bringen und die Kontrolle über sein unbewusstes Überich zu erringen.
Viel Wert wird darauf gelegt, das Konzept auf pseudowissenschaftliche Füße zu stellen, was viele Seiten mit den Aktivitäten im Para-Institut füllt. Aber das bleibt oberflächlich, und die Vermischung von naturwissenschaftlich nachvollziehbarer Parapsychologie und Schwarzer Magie wie dem Magus und seinem Dämon Lemuron ist nicht besonders plausibel. Immerhin bleibt man dem Softgrusel treu, und Madame Cayina fällt ihrem eigenen Bösen zum Opfer. Allerdings erfährt der Leser das wie gehabt bloß aus zweiter Hand, und es werden ein paar Krokodilstränen verdrückt, weil Hammer ihren Tod nicht wollte. Und so bleibt die Atmosphäre betulich und wenig aufregend, interessante Ansätze wie Madames Fähigkeiten werden nicht entwickelt. Dafür liest man zehn Seiten oder mehr, wie der Penner das Personal des Parta-Institutes austrickst, um am Ende als Stichwortgeber zu fungieren. Irgendwie muss der Roman ja auf seine Länge kommen. Wer hier Action oder so etwas wie Horror erwartet, wird schwer enttäuscht. Immerhin liest sich der Roman flüssig und ist ordentlich konstruiert, und die Atmosphäre ist etwas ernster und glaubwürdiger als in den Vorbänden.


Besonderheiten:
- Hexenhammer Nr. 4


0 von 5 möglichen Kreuzen:
0 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Stimmungsvoll und auf seine Weise spannender als der Inhalt :-)


Coverbewertung:
2 Kreuze
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das Motiv vom Cover dieses Vampir-Horror-Romans stammt ursprünglich vom Titelbild des spanischen Comic-Magazins "DOSSIER NEGRO" Nr. 96:

DOSSIER NEGRO Nr. 96


Und auch auf dem australischen Comic-Magazin "THE DEVIL'S TRIANGLE" Nr. 4 (Oktober 1978) war das Motiv schon abgebildet:

THE DEVIL'S TRIANGLE Nr. 4