Silber-Krimi Nr. 878: Draculas Liebesbiss
Silber-Krimi Nr. 878: Draculas Liebesbiss


Er wich zurück. Schweiß perlte auf Richmonds weißer Stirn. "Das kannst du nicht tun", murmelte er. Seine Stimme klang brüchig. Fiebrig glänzten seine Augen. Er wollte schreien, aber es ging nicht. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Der Alte spürte die kahle, kalte Wand im Rücken. Aus, zuckte es durch Richmonds Bewußtsein. Der düstere Kellerraum wurde mit einem Mal zur Sauna. Die Wände schienen sich ihm zu nähern. Der Schatten schnellte wie ein Raubtier auf ihn zu. Die knochigen Hände legten sich wie Stahlzangen um den Hals des Antiquitätenhändlers. Wie hypnotisiert ließ Richmond das Verbrechen an sich geschehen. Er war unfähig, auch nur die geringste Abwehrbewegung zu machen. Seine Lunge schien zu bersten. Alles um ihn herum drehte sich. Seine zitternden Lippen wollten noch etwas sagen. "Es wird dir kein Glück bringen ..." Aber wie ein Echo nur hallten seine Gedanken in ihm nach. Richmond starb. Schwer rutschte sein Körper an der rauhen Kellerwand herunter.


Teil 1 von Dan Shocker, erschienen am 02.02.1971, Titelbild: R.S. Lonati

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
In London wird der Antiquitätenhändler Richmond ermordet. Der Täter entwendet aus einer alten Truhe den Umhang des legendären Grafen Dracula. Vincent Rope hat sich schon lange mit dem Studium des Okkulten und des Vampirismus beschäftigt und will nun den Schritt in die Praxis wagen. Ein rauschgiftsüchtiger Helfer dreht aber kurz vor Vollendung eines Experimentes durch und es kommt zum Kampf. Dabei wird Rope verletzt und sein Blut vermischt sich mit dem des Grafen Dracula. Auf unerklärliche Weise strömt das alte Vampirblut zurück in die Adern Ropes. Sofort mutiert dieser selbst zum König der Vampire. Sein erstes Opfer wird der Drogenabhängige. Doch damit hat Draculas Jagd erst begonnen, denn seine bevorzugte Beute sind junge, schöne Frauen, denen er seinen Liebesbiss schenken kann. Die PSA hat herausgefunden, dass der Umhang des Vampirs in London aufgetaucht ist und schickt ihren besten Mann nach England: Staragent X-RAY-3 alias Larry Brent. Doch auch der Amerikaner ist machtlos gegen die hypnotische Kraft Draculas ...


Meinung:
Der erste Doppelband der Serie behandelt nicht nur das klassische Vampirthema, sondern weist als Antagonisten niemand Geringeren als Dracula persönlich auf. Die Wiedererweckung des mächtigen Vampirgrafen geht bei Shocker recht originell vonstatten. Danach geht es Schlag auf Schlag. Der Roman weist keinerlei Längen auf und unterhält die gesamten 60 Seiten über auf gleichbleibend spannendem Niveau. Das bedeutet aber gleichfalls auch, dass es keine einprägsamen Höhepunkte innerhalb der Geschichte gibt. Dracula findet zwei Bräute und schafft es letztendlich auch Larry Brent in seine Gewalt zu bekommen. Interessant war es zu erfahren, dass sämtliche PSA-Agenten mit hypnotischen Barrieren gesichert sind, die sie gegen Manipulierungen immun machen. Die Rettung des PSA-Agenten gestaltet sich zum Ende hin sehr unspektakulär und wieder einmal greift Dan Shocker zur Notlösung und zaubert kurzerhand Iwan Kunaritschew zu Tage. Zwar wird das Erscheinen des Russen glaubhaft und logisch erklärt, aber bequem war dieser Schachzug trotzdem, denn so musste sich der Autor nicht anstrengen einen Weg zu finden, wie sich der Titelheld selber aus der Bredouille rettet. Sprachlich betrachtet haben sich in diesem Fall weder der Autor noch der Lektor, wenn Letztgenannter überhaupt vorhanden war, mit Ruhm bekleckert. Die hübschen Stripperinnen werden ganz im 70er-Jahre-Stil alle Nase lang als "Girls" bezeichnet und so merkwürdige Formulierungen wie "Dracula biss die Lippen zusammen" kommen dem Leser öfter unter die Augen. Ein wenig patzte Dan Shocker auch bei der Darstellung des Vampirs, denn als Dracula sein zweites Opfer in der Garderobe des Striptease-Lokals findet, sieht eine Zeugin den Fremden im Spiegel. Später im Auto hat Dracula auf einmal kein Spiegelbild mehr, so wie es die Legende auch beschreibt. Ein weiterer Fehler unterläuft dem Autor, als die Helfer die Särge in die Gruft transportieren. Losgefahren sind sie mit vier Särgen. In die Gruft geschleppt werden drei, später sind es wieder vier. Seltsam? Aber so steht es geschrieben ... Das Ende ist darüber hinaus auch sehr hektisch ausgefallen. Man hat den Eindruck, dass Dan Shocker die Story schnell zu Ende bringen musste, weil die geforderte Seitenzahl erreicht war. Der Leser erfährt nämlich nicht mehr was aus dem PSA-Kontaktmann Tander und dem Bestatter Horsley wurde. Es gibt aber auch Pluspunkte. So sind die Geschehnisse in der Leichenhalle sehr unheimlich beschrieben worden. Hier beweist Shocker sein unbestrittenes Talent dem Leser das Gruseln lehren zu können. Chiefinspektor Edward Higgins hat allerdings nur in dem Roman der eigenständigen Serie einen Auftritt in dem Roman. Im Silber-Grusel-Krimi und in dem Zauberkreis-Taschenbuch 13 heißt der ermittelnde Beamte noch Inspektor Tack.
Fazit: Recht durchschnittlicher Vampir-Thriller, der ohne große Höhepunkte zu unterhalten weiß. Für Shocker-Verhältnisse ein sehr geradliniger Gruselroman, der als erster Teil eines Zweiteilers angepriesen wird, aber dennoch eine in sich abgeschlossene Geschichte darstellt.


Besonderheiten:
Der Roman wurde leicht gekürzt in dem Grusel-Krimi-Taschenbuch 13, zusammen mit dem zweiten Teil "Draculas Höllenfahrt", erneut veröffentlicht.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Lonati hat es geschafft dem Vampirkönig ein dämonisches und unheimliches Antlitz zu verleihen. Sehr gruselig und passend zum Titel.


Coverbewertung:
5 Kreuze

Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Es beginnt mit der Ermordung des Antiquitätenhändlers Albert Richmond in London/England. Dieser soll nämlich den originalen Umhang des Grafen Dracula in seinem Besitz gehabt haben und eben jener ist nun verschwunden. Durch ein verstecktes Tagebuch kommt der Reporter Robert Callaghan auf die Spur des Okkultisten Vincent Rope und findet in dessen Wohnung auch schon das erste Vampiropfer. Denn während eines Kampfes gelangt Draculas Blut, welches Vincent Rope partikelhaft am Umhang entdeckte und dieses aufbereitete, in dessen Blutkreis und verwandelt den Okkultisten in einen Blutsauger. X-RAY-3 alias Larry Brent ist im Auftrag der PSA auch schon in London eingetroffen, weiß allerdings noch nicht, wie groß die Gefahr ist, die von dem neuen Dracula ausgeht, welcher sich nämlich schnell eine Vampir-Dienerschaft aufbaut, um zügig an die Macht zu gelangen. Durch Zufall kann Larry den neuen Herrscher der Vampire aber verfolgen, doch Draculas Hypnose-Begabungen lassen den PSA-Agenten nicht nur ins Leere laufen, sondern werden Larry auch noch lebensgefährlich, als er in die Fänge der Diener Draculas gerät. Gibt es noch einen Ausweg, oder wird auch Larry Brent zu einem Blutsauger?


Meinung:
Eine sehr ungewohnte Theorie setzt Dan Shocker in diesem LARRY BRENT-Roman voraus, nämlich, dass es den Grafen Dracula und somit Vampire generell gegeben hat oder noch gibt! Bisher hatte der Autor alle Fälle der PSA noch mit wissenschaftlichen Fiktionen oder auch Tatsachen erklärt - hier geht er eindeutig in den phantastischen Bereich. Und das ist gar nicht mal so verkehrt. Der Leser bekommt so einen sehr spannenden Gruselroman vorgesetzt, der fesselt und dazu eine gruselige Atmosphäre vermittelt. Eigentlich ein klarer Fall von Bestnote, wenn mir einige kleine Schnitzer nicht aufgefallen wären. Erstmal ist der neue Dracula anfangs in einem Spiegel sichtbar; später allerdings nicht mehr. Und dann frage ich mich, wieso Dracula am Ende des Romans den in seiner Gewalt befindlichen Dr. Aston nicht ebenfalls hypnotisierte, wie sonst alle Gegner im Roman. So wäre ihm doch das Schicksal, welches ihn dann traf, erspart geblieben. Trotzdem: ein ungewohnter, aber toller PSA-Fall und Gruselroman!


Besonderheiten:
- erster Auftritt von George (?), ein Reporter und ein alter Freund von Larry
- erster Auftritt von Edward Tander, einem der PSA-Mittelsmänner, dessen Schicksal am Ende des Romans aber ungeklärt bleibt
- Larry Brents 'Hypnoseblock' wird beschädigt


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Der König der Vampire mit blutverschmierten Mund löst sich vom Hals einer Frau - so kennen wir Dracula! Lonati hat wieder mal ein zum Roman passendes Bild gezaubert, bei dem die blutroten Augen faszinierend gezeichnet sind!


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von Bloemsemann:


Kurzbeschreibung:
Mit dem Einbruch in dem Londoner Antiquitätengeschäft von Albert Richmond und dem Mord an dessen Besitzer nimmt eine unheimliche Geschichte ihren Anfang. Zu den neuesten Kuriositäten, die Richmond ergattern konnte, zählt ein alter Umhang, der angeblich keinem Geringeren als dem legendären Grafen Dracula gehört haben soll. Der Okkultist und kaltblütige Mörder Vincent Rope hat es genau auf diesen Mantel abgesehen. Er bringt ihn mit Gewalt an sich, um das wertvolle Stück anschließend in seiner Wohnung einigen Analysen zu unterziehen.
Bei einer heftigen Auseinandersetzung mit seinem drogensüchtigen Kumpel Rick, vermischt sich Ropes Blut mit einigen Partikeln aus dem Stoff des Umhangs, was zur Folge hat, dass Vincent zunehmend die Persönlichkeit des Blutgrafen annimmt und zu einem Vampir mutiert. Es dauert nicht lange, als die ersten Opfer in London zu beklagen sind.
Rope alias Dracula erhält dabei tatkräftige Unterstützung durch den Bestattungsunternehmer Horsley, der für ihn und seine Opfer die entsprechenden Särge zur Verfügung stellt. Gleichzeitig benutzt der Graf seine hypnotischen Fähigkeiten, um nebst seinen neuen Vampirbräuten Candis und Charlene weitere Anhänger zu rekrutieren. Dazu zählt auch bald der PSA-Agent Larry Brent, welcher die Spur des geheimnisvollen Umhangs in London verfolgt und bei seinen Nachforschungen in Horsleys Haus in eine Falle tappt. Nachdem der König der Vampire nun seine erste Gefolgschaft beisammen hat, will er sich in ein neues Domizil auf dem herunter gekommenen Anwesen eines gewissen Lord Wetherby zurück ziehen. Doch mittlerweile ist der Reporter Robert Callaghan dem mordenden Blutsauger auf die Schliche gekommen und beginnt damit, den vermeintlichen Vampiren den Garaus zu machen, nichts ahnend, dass sich der bewusstlose Larry Brent ebenfalls unter den Geschöpfen befindet…


Meinung:
Positiv: diesmal darf sich Larry Brent mit der legendären Figur des Grafen Dracula auseinandersetzen, und wieder einmal bringt Dan Shocker seine ganz eigene ausgefallene Idee an den Start, wie man diesen Klassiker der Horrorliteratur ohne zu plumpe magische oder paranormale Elemente umsetzen könnte. Zwar geht es diesmal weniger pseudowissenschaftlich zur Sache und DS bringt dafür ein paar eher fantastische Aspekte ins Spiel, dennoch bleibt er auch hier weiterhin auf dem Teppich.
Negativ: die Reinkarnation des Blutgrafen ist zwar mit mächtigen Hypnosefähigkeiten versehen, dennoch wirkte dieser Übervampir stellenweise für mich doch etwas farblos und unspektakulär. Auch der nicht wirklich neue Handlungsstrang gestaltete sich verhältnismäßig einfallslos - die ausgedienten Vampirbräute werden zu Rate gezogen, das obligatorische Sarglager im Keller eines Herrenhauses darf ebenfalls nicht fehlen, und unser Larry stolpert den Ereignissen etwas planlos hinterher. So wirklich angekommen ist diese Dracula-Variante; abgesehen von der ansprechenden Grundidee; bei mir leider nicht.
Anzumerken sei noch, dass es sich vielmehr um den ersten Teil eines Zweiteilers handelt, auch wenn die Rahmengeschichte augenscheinlich abgeschlossen wird. Der Reigen um den wiedererwachten König der Vampire geht im nächsten Heft jedoch fröhlich weiter…


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Am allerbesten haben mir auf diesem Bild die brennenden roten Augen gefallen, ansonsten ist so ein klassisches Vollprofil des Grafen nicht ganz so mein Ding, auch wenn er fraglos hervorragend getroffen ist. Ich gehe aber mal davon aus, daß Vincente Rope jetzt nicht unbedingt so auffällig ausgesehen haben dürfte…


Coverbewertung:
2 Kreuze