Silber-Krimi Nr. 882: Draculas Höllenfahrt
Silber-Krimi Nr. 882: Draculas Höllenfahrt


Lillian Bowman warf einen raschen Blick auf das Ziffernblatt ihrer Uhr. Wenige Minuten vor Mitternacht. Der Atem stockte ihr. Sie hörte leise Schritte auf dem Gang. Das Geräusch näherte sich ihrer Tür. Lillian merkte, wie es sie eiskalt überlief. Langsam drehte sie sich um. Ihre Augen schienen von innen heraus zu glühen. Er kam zu ihr? Sie schluckte und war unfähig, einen Schritt zu gehen. Sie drängte sich an das Fenster, und die Kälte kroch durch das hauchdünne, fast durchsichtige Nachtgewand, das sie am Körper trug. Die Klinke ihrer Zimmertür wurde herabgedrückt in beinahe quälender Langsamkeit ... Dann hob sich die Klinke wieder. Atemlos starrte Lillian Bowman zur Tür. Die Schritte entfernten sich, und plötzlich bewegte sich der Schlüssel des Nachbarzimmers. Die Angeln quietschten leise, dann fiel die Tür wieder in Schloß. Sekundenlang hielt Lillian den Atem an, ehe sie hörbar die Luft durch die Nase blies. Ihr Körper spannte sich und sackte dann wie unter einer Zentnerlast zusammen.


Teil 2 von Dan Shocker, erschienen am 30.03.1971, Titelbild: R.S. Lonati

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Dr. Aston hat es geschafft Vincent Rope den Mantel Draculas abzustreifen und ihm auch eine Blutprobe zu entnehmen, bevor dieser in dem Wagen verbrannte, den Aston kurz zuvor vor eine Mauer steuerte (siehe Silber-Krimi Nr. 878). Während Larry Brent alias X-RAY-3 in der PSA-Zentrale seine hypnotische Barriere erneuern lässt, beginnt Dr. Aston in seinem Sanatorium für psychisch Kranke Experimente mit dem Blut Draculas anzustellen. Tatsächlich mutiert einer seiner Patienten zum blutsaugenden Grafen und fällt prompt über eine Mitpatientin her. Zeuge dieses Vorfalls wird die Schauspielerin Lilian Bowman. Als die Schwester Larry Brents, Miriam, ihre Freundin besucht, berichtet diese völlig verstört von dem Vorfall. Obwohl Aston den Bericht als Folge ihres Verfolgungswahns abtut, bleibt Miriam misstrauisch. Doch auch Dr. Aston ist alarmiert, denn folgerichtig kombiniert er, dass Miriam mit Draculas Gegner Larry Brent verwandt ist. Für den Arzt steht fest, dass die junge Frau das Sanatorium nicht mehr verlassen darf. Als Miriam den dunklen Park durchquert wird sie von dem Vampir angefallen. Nur durch das Eingreifen des Deutsch-Amerikaners Josef Meyerling, gelingt es der Schauspielern zu entkommen. Meyerling will sich später mit Miriam treffen, um weiter über den Fall zu debattieren. Doch Miriam erscheint nicht zum verabredeten Zeitpunkt. Im Hotel ist sie ebenfalls nicht und niemand hat die junge Frau gesehen. Meyerling wendet sich an Larry Brent, dem seine Schwester eine Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen hat. Doch auf seinen Rückruf meldet sich niemand. Als der PSA-Agent den Bericht des Vampirologen hört, ist er in höchstem Maß alarmiert. Er weiß, dass Dracula zurückgekehrt ist. Wen hat Dr. Aston mit dem Vampirblut bereits infiziert. Inkognito schleusen sich die Agenten Morna Ulbrandson und Larry Brent in das Sanatorium ein. Nicht ahnend, dass Dr. Aston bereits selbst zu Dracula geworden ist und Miriam Brent als seine Braut auserkoren hat ...


Meinung:
Der zweite Teil der Fortsetzungsgeschichte um den König der Blutsauger bietet Larry Brent nicht nur Heimvorteil, sondern spielt auch wieder einmal in Shockers Lieblingsambiente eines Sanatoriums. Den alten Witz, nachdem immer der Gärtner der Mörder ist, kann man bei Larry-Brent häufig auf die Berufsgruppe der Ärzte anwenden. Nur dass Dan Shocker aus der Identität des Bösewichts zumindest im vorliegenden Fall kein Geheimnis macht. Der Roman beginnt zunächst sehr stimmungsvoll mit der Szene, als Lilian den Vampir beobachtet wie er ein Opfer aussaugt. Anschließend verfällt der Autor in altbekannte Schemata. Zufällig ist Lilian mit Miriam Brent befreundet und erzählt der Freundin von ihrer Entdeckung. Ab da wird die Story zum Selbstläufer. Plötzlich erscheint ein weiterer Vampirjäger, der sich schon lange mit Dracula und seinem Leben beschäftigte. Die Charakterisierung ist dieses Mal voller Klischees, noch mehr als sonst üblich. Der Oberpfleger ist das Abziehbild des bulligen, stumpfsinnigen Pflegers, wie man sie in besonders schlechten Filmen zu sehen bekommt. Lustig ist dabei einzig ein Druckfehler, der den Mann beschreibt: "Der Mann seiner Seite, breit wie ein Kleiderschrank, zwei Köpfe größer als Aston und ungefähr 50 Pfund schwer, schob sich einen Schritt näher." Vermutlich sollte es "50 Pfund schwerer" heißen. Alles andere hätte keinen Sinn gemacht und ein 25 Kilo schwerer Pfleger dürfte alles andere als beeindruckend sein, geschweige denn überhaupt arbeitsfähig. Der Verlauf der Geschichte ist geprägt von Stereotypen des Heftromans. Echte Vampiratmosphäre vermag nicht so recht aufkommen und das Ende ist wieder viel zu sehr von Zufällen geprägt, als dass man als Leser hätte zufrieden sein können. Der Maskenball zum Ende hin wurde vermutlich nur eingebaut, um den Auftritt Draculas geheimnisvoller zu gestalten, entbehrt allerdings jeglicher Logik und medizinischem Fachwissen. Dan Shocker erklärt, dass die Patienten dadurch ihre Erkrankung besser verarbeiten könnten, in dem sie in neue Identitäten schlüpfen. Wenn aber schon Menschen mit Paranoia in dem Sanatorium untergebracht werden, ist es wenig sinnvoll kostümierte Menschen durch die Gegend laufen zu lassen, die den Wahn der Patienten unterstützen könnten. Der Auftritt von Morna Ulbrandson entpuppt sich letztendlich als Seifenblase und hatte wohl den einzigen Zweck, ein wenig mit Larry Brent zu flachsen. Auch in diesem Roman vepasst Dan Shocker die Gelegenheit ein wenig aus Draculas früherer Existenz zu berichten.
Fazit: Unterdurchschnittlicher Larry-Brent-Roman, der bis auf einen stimmungsvollen Beginn, nichts Neues bietet und mangels origineller Einfälle nur schlecht zu unterhalten weiß.


Besonderheiten:
Der Roman wurde leicht gekürzt in dem Grusel-Krimi-Taschenbuch 13, zusammen mit dem zweiten Teil "Draculas Höllenfahrt", erneut veröffentlicht.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:

Eine grauenhafte Vampir-Werwolfmischung, welche sichtlich unter dem Einfluss des umgehängten Kreuzes zu leiden hat. Eine ähnliche Szene gibt es zwar am Ende des Romans, liest sich aber weit weniger reißerisch. Das Cover passt hervorragend zu einem Gruselroman dieses Formats.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Als Miriam Brent, die Schwester des PSA-Agenten Larry Brent ihre Schauspiel-Kollegin Lilian Bowman in der Klinik besuchen möchte, wirkt nicht nur der Leiter Dr. Aston eigenartig auf sie. Das ganze Sanatorium ist ihr nicht geheuer! Sie ahnt ja nicht, dass eben jener Leiter Aston unbemerkt mit etwas Blut und dem Umhang des Dracula in seine Anstalt nach New Rochelle/USA zurückgekehrt ist! War er doch dabei, als Dracula während seiner Flucht vor den PSA-Agenten verunfallte und schließlich starb. Miriams Mitteilung auf dem Anrufbeantworter von Larry weckt nicht nur dessen Interesse; als ein gewisser Josef Meyerling - ein wahrer Dracula-Fanatiker - ihm seine Berichte von seinen Observationen des Aston-Sanatoriums mitteilt und X-RAY-3 die Zusammenhänge erkennt, merkt er, dass seine Schwester in Gefahr schwebt. Und in der Tat: Miriam ist schon in der Gewalt von Dr. Aston, dessen Versuche mit Draculas Blut solche überraschenden Auswirkungen haben, dass der Psychotherapeut selber das Blut Draculas trinkt, um König der Vampire zu werden!


Meinung:
Der Roman 'Draculas Höllenfahrt' ist eine Fortsetzung der Geschehnisse des Vorbandes 'Draculas Liebesbiss'. Trotzdem stehen beide Bände für sich. Dieser Folgeband zieht sich meiner Meinung nach leider in der Handlung und ist weniger rasant als sein Vorgänger! Hier und da blitzt die Fähigkeit von Dan Shocker auf, wie man einen Roman unheimlich gestaltet, doch das ganze Drumherum um das Sanatorium, die Versuche mit dem Blut, nur um dann doch den Dr. Aston zum Dracula werden zu lassen; das finde ich alles etwas aufgesetzt. Dazu ist es Larrys Schwester, die das Sanatorium besucht. Zufälle gibt's Interessant ist allerdings, dass man einiges über das Werken und Wirken innerhalb der PSA lesen kann. Das ist doch Nahrung auf den Lippen der Fans. Ich würde also sagen, ein durchschnittlicher Gruselroman; lesbar - aber nicht übermässig berauschend.


Besonderheiten:
- erster Auftritt von Mark Shelly, Hypnotiseur und Psychotherapeut der PSA
- erster Auftritt von Eva (?), Sekretärin von Poul, Leiter des Einsatzbereiches 'B' der PSA, die mit Larry eine Nacht verbringt


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Ende des Königs der Vampire ist schon etwas unglücklich gezeichnet! Die Fratze soll wohl den einsetzenden Verfall anzeigen und das Kreuz scheint sich wohl in die Brust hinein zu brennen. Beides leider nicht auf den ersten Blick erkennbar. Geht so!


Coverbewertung:
2 Kreuze

Rezension von Bloemsemann:


Kurzbeschreibung:
Das Böse geht in der Nervenheilanstalt von Dr. Aston um, davon ist die Schauspielerin Lilian Bowman überzeugt, als sie während eines nächtlichen Streifzugs durch das Gebäude mehrere unheimliche Beobachtungen macht. Ihr anschließender Fluchtversuch scheitert jedoch kläglich, und nun muss das junge Mädchen erkennen, dass offensichtlich ein waschechter Vampir sein Unwesen in der Anstalt treibt.
Tatsächlich konnte Dr. Aston einen Rest des berüchtigten Bluts des Grafen Dracula (siehe "Draculas Liebesbiß") sichern und experimentiert nun damit in seinem Labor herum. Dabei unterlaufen ihm einige ungewollte Nebeneffekte, wobei mehrere Personen mit dem Blut infiziert werden und zu brandgefährlichen Vampiren mutieren. Letztendlich unterzieht sich der Mediziner selbst einer folgenschweren Behandlung und macht nebst einigen hübschen Mädchen auch Jagd auf seine Nebenbuhler.
Hierbei kommt ihm wie befürchtet der PSA-Agent Larry Brent in die Quere, dessen Schwester Miriam zufällig genau in eben jenem verdächtigen Sanatorium ihre Kollegin Lilian besuchen möchte. Aston wird misstrauisch und bringt Larrys Schwester in seine Gewalt, was zur Folge hat, dass X-RAY-3 jetzt erst recht mit allen Mitteln versucht, der Reinkarnation des Blutgrafen den Garaus zu machen. Zusammen mit Morna Ulbrandson als Köder kann der PSA-Agent unerkannt in die Anstalt eindringen und stellt sich Dracula zusammen mit dessen Spießgesellen zur entscheidenden Auseinandersetzung…


Meinung:
Andere Kulisse, dadurch eine etwas andere Stimmung, dazu ein paar neue interessantere Nebenfiguren und schon funktioniert auch die Weiterführung bzw. die Wiederholung der Vorgängergeschichte viel ansprechender. Im Großen und Ganzen lässt DS seine Grundidee einfach noch mal in die zweite Runde gehen, bemüht sich dabei aber nur bedingt um wirklich ganz neue Facetten. Miriam Brents Gastspiel gibt der Dramaturgie sicherlich eine recht erfrischende Würze, auch das düstere Sanatorium mit seinen wunderlichen Bewohnern funktioniert wesentlich stimmungsvoller, als die actionreiche Jagd nach Dracula durch die Strassen Londons. Vor allem das morbide Finale in der verlassenen Kapelle sorgt für ein ganz spezielles Flair, deshalb gibt es für diesen "zweiten Teil" von mir auch ohne Zögern ein Kreuzchen mehr. Natürlich werden hier haufenweise Klischees und Standards ins Rennen geschickt, aber schließlich befinden wir uns in den Anfängen der 70er, was den liebenswerten nostalgischen Reiz ausmacht. Der einzige Wehmutstropfen, der auch bei diesem Sequel zurück bleibt, ist die fehlende Verwendung von einigen tiefer gehenden, vielleicht sogar historischen Fakten über den wirklichen Grafen Dracula, was man von einem Dan Shocker möglicherweise erwartet hätte…


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Für das Ende der Reinkarnation Draculas hat Lonati mit wenigen Elementen einen richtig hässlichen und gespenstischen Vampir auf die Leinwand gebracht. Das eingefallene Gesicht kommt dabei schön zur Geltung, auch wenn mir erst beim zweiten Hinsehen aufgefallen ist, dass dem Kerl ja ein Kreuz um den Hals hängt, welches sich in dessen Kittel gebrannt hat…


Coverbewertung:
3 Kreuze